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Gedanken zur Woche der Ehe ( 6 ) : Fehlendes Verständnis vom Bund der Ehe "Werte kann man nicht lehren, nur vorleben"

Von Torsten Moll 13.02.2010, 04:52

Unter dem Motto " Gutes für Ehepaare " feiert Deutschland in der Woche vor dem Valentinstag die " Marriage Week " ( Woche der Ehe ). Eine Woche lang hat die Volksstimme Beiträge verschiedener Autoren zum Thema Ehe veröffentlicht. Abschließende Worte schreibt heute Pastor Torsten Moll.

Magdeburg. " Warum sollen wir denn heutzutage noch heiraten ?", fragten die jungen Verliebten vor uns. Viele haben in ihrem Elternhaus keine gute Ehe mehr als Vorbild erlebt, viele stolpern von einer Beziehung in die andere auf ständiger Suche nach dem bleibenden Glück.

Oftmals gibt es kein Verständnis mehr von Bund, Treue oder Liebe. Das hat etwas mit der Verschiebung unserer Lerninhalte auf den verschiedenen Ebenen zu tun. Es werden Fähigkeiten und Wissen vermittelt, aber wenig zum Aufbau von Charakter und Persönlichkeit. Für Letzteres gilt der Satz : " Werte kann man nicht lehren, sondern nur vorleben. "

Um zu verstehen, was ich meine, nehmen wir mal einen Lehrling, der den Umgang mit einem Werkstück lernen soll. Am Anfang kommt das jeder Generation von Neuem so vor, als würde man fast wie ein Sklave nur Dinge wiederholen müssen. Man hat keine freie Wahl, man hat Vorgesetzte, auf deren Anweisung man warten muss. Man erlebt die Gunst oder die Ungerechtigkeit von Vorgesetzten, dadurch ist man verletzlich und muss seine Gefühle in den Griff bekommen. Man soll sich entwickeln, erfolgreich mit den Dingen umgehen lernen, bis Ergebnisse zeigen, dass man es beherrscht, es " meistert ". Dann kann man auch bessere, freie Entscheidungen treffen und überlegen, was – oder hier besser wen – man " erwählt ". Das Bewusstsein, wirklich erwählt zu sein, stärkt einen Menschen so sehr, dass er sich kaum noch einsam und alleingelassen fühlen kann.

Bei Werkstoffen sehen wir das ein, aber wie steht es bei dem viel komplexeren Thema von Liebe, Beziehungen und Ehe ? Die Wahlfreiheit für einen Partner impliziert ja eine gewisse Ausschließlichkeit und Treue, sonst wäre es weder Freiheit noch Wahl, die ja eben das Besondere herausstellt.

Eigentlich wäre es wichtig, dass jeder Mensch erst einmal lernt, dass es außerhalb von ihm selbst Bedürfnisse gibt, dass jeder helfen und etwas geben kann. Ginge es nur um die eigene Befriedigung, dann bekommt man weder jemals genug, noch erlebt man die tiefe Befriedigung, etwas Richtiges zum Segen für andere getan zu haben.

In einer intakten Familie leben Eltern den Kindern vor, dass die absolut verlässliche Beziehung Vertrauen schafft und damit Geborgenheit und Liebe gibt. Aus der Einheit der Eltern erwächst auch die Autorität, die liebevoll ausbalancierte Orientierung geben kann. Durch das Mitmachen, Einordnen, Geben und Nehmen, das Gefördert- und Gefordertwerden in der familiären Gemeinschaft wachsen beziehungsfähige Kinder heran, die in sich sicher sind, die einen Ehebund nicht als Beengung, sondern als Schutz für die gegenseitigen Investitionen sehen.

Ohne Hingabe funktioniert eine Ehe kaum, aber keine Liebe lebt von dem, was man egoistisch aus ihr herausholen will – dann würde man der Beziehung Zwang antun, sie manipulieren oder gar kontrollieren. Tief verletzte Menschen werden sich aus negativen Erfahrungen von Abhängigkeiten meist in diesen Mauern bewegen und wenig innere Freiheit, Mut und Grundvertrauen haben. Liebe und gute Beziehungen können wachsen, wenn man bereit ist, sich zu entwickeln. Wenn man Hingabe vertrauensvoll auslebt.

Wenn ein Mensch nicht versucht, sein eigenes Liebesdefizit durch die Partnerwahl zu kompensieren, sondern aus dem überfließenden Reichtum seiner Liebe bereit ist, viel zu geben, dann kann er sich auf einen Ehebund einlassen. Es gilt dann, jemanden zu finden, der es wertschätzt, dauerhaft Liebe zu empfangen. Freiwillig will man die Unabhängigkeit aufgeben um zu einem starken, gemeinsamen, reifen WIR zu wachsen – das ist Lebensqualität.