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Bahnfahren Unterwegs in der 1. Klasse der Deutschen Bahn

Teuer und nur Anzugträger: ein Vorturteil der 1. Klasse der Deutschen Bahn. Doch es stimmt nicht unbedingt - was den Unterschied ausmacht.

30.07.2019, 23:01

Berlin (dpa) l Es soll die gleiche Zugverbindung sein wie immer, der ICE von Berlin nach Hagen am späten Freitagnachmittag. Also schnell auf bahn.de, das Online-Ticket buchen. Mit einer Bahncard 50 kostet die Fahrkarte 54,50 Euro. Doch der Schock: Für die 2. Klasse gibt es überhaupt kein Ticket mehr, weil der Zug bereits zu voll ist. Früher fahren kann ich an diesem Tag nicht. Die einzige Alternative ist ein Super Sparpreis für die 1. Klasse. Für 151,90 Euro.

Und wie ist die 1. Klasse? Klar, es gibt mehr Platz, und es ist auch deutlich ruhiger. Die kostenlose Zeitung ist ein nettes Extra. Für den Sitzplatz muss ich nichts draufzahlen. Trotzdem fühlt sich der Unterschied zur 2. Klasse nicht so groß an, dass er einen derart spürbaren Preisaufschlag rechtfertigt.

Das Beispiel ist natürlich ein Einzelfall und spiegelt ein subjektives Empfinden wieder: Ganz schön teuer! Ich hätte ja auch früher buchen oder doch noch zeitlich umplanen können.

Das Beispiel zeigt aber auch, dass die Preisgestaltung der Bahn manchmal etwas frustrierend sein kann. Und es wirft die Frage auf: Wann lohnt sich eigentlich die 1. Klasse? Beides hängt miteinander zusammen. Und das liegt an der Auslastungssteuerung.

Die Deutsche Bahn bietet drei Ticketoptionen: Flexpreis, Sparpreis und Super Sparpreis, jeweils für die 1. und 2. Klasse. Die Preise variieren je nach Ticketkondition, Nachfrage, gewählter Strecke, Reisetag, Uhrzeit, Zugtyp und gewählter Klasse.

Eine Sprecherin der Bahn erklärt: Die Preisvariationen dienten neben dem Erlösmanagement hauptsächlich dazu, die Nachfrage zu lenken. Als Faustregel gilt: „Je voller der Zug ist, desto höher sind die Preise. Damit sollen Kunden auf weniger ausgelastete Züge gelenkt werden.“

Der Super Sparpreis in der 1. Klasse kann günstiger sein als der Flexpreis in der 2. Klasse, wie Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn bestätigt. Chancen darauf bestünden vor allem an Samstagen, wo kaum Geschäftsreisende unterwegs sind. David Schreiber, Betreiber des Zugreiseblogs, rät dazu, die Preise in der 1. und 2. Klasse stets zu vergleichen. „Manchmal liegt der Aufschlag nur bei zehn Euro.“ Weil aber der Sitzplatz in der 1. Klasse inklusive ist und es für diese Kunden kostenlose Getränke in der DB-Lounge gibt, habe man das oft fast schon wieder drin.

Nach Ansicht von Scheibler hat das System aber seine Tücken: „Für den Kunden ist das teilweise blöd, weil er nicht vorhersehen kann, wie sich die Preise entwickeln.“ So ist ein und dieselbe Strecke mal richtig günstig und mal spürbar teurer. Der Abstand beim Flexpreis zwischen 1. und 2. Klasse liege im Schnitt bei 66 Prozent.

Doch was bekommt der Fahrgast überhaupt in der 1. Klasse, was er in der 2. Klasse nicht bekommt? Die Vielfahrer Naumann und Scheibler unterscheiden hier zunächst den Nah- und Fernverkehr. „Im Nahverkehr lohnt sich die 1. Klasse eigentlich nicht“, sagt der Blogger.

Anders sieht das im IC und ICE aus. Nach Angaben der Bahn gibt es im ICE folgende Unterscheidungsmerkmale: großzügigere und komfortablere Sitze, mehr Beinfreiheit, breitere Gänge, mehr Platz für Gepäck, Service am Platz, kostenlose Tageszeitungen, eine inkludierte Sitzplatzreservierung und unbeschränktes WLAN-Datenvolumen.

Pro-Bahn-Sprecher Naumann sieht besonders beim Platzangebot und Komfort einen deutlichen Mehrwert. Es gebe auch weniger Reisende, die laut seien. „Die Skat-Gruppe oder Damen-Kegeltruppe mit Sekt finden sie eher nicht.“ Und die Sitzplatzreservierung ist inklusive.

Als Schwäche der 1. Klasse nennt Naumann die Verlässlichkeit des Angebots. „Der Kunde unterscheidet nicht so sehr, ob er ICE oder IC fährt.“ Doch im Intercity bekommt er keinen Am-Platz-Service, und es gibt bislang auch kein kostenfreies WLAN. Der Blogger Scheibler verweist bei den Vorzügen der 1. Klasse im ICE ebenfalls auf den Komfortgewinn durch die 2+1 Bestuhlung. „Und auf einem der Zweiersitze hat man trotzdem eine eigene Armlehne.“ Und als Kunde der 1. Klasse darf man an den Bahnhöfen die DB Lounge – allerdings nicht mit einem Super Sparpreis. In der Lounge sind Getränke und die Toiletten kostenlos, manchmal gibt es auch Snacks.