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Auto-Mythen Strumpfhose als Keilriemen?

Auto-Mythen halten sich so hartnäckig wie Teerflecken auf der Karosserie. Die meisten lassen sich allerdings relativ einfach widerlegen.

01.10.2017, 23:01

Bonn/München (dpa) l „Weißt du noch, als wir beim Käfer den gerissenen Keilriemen durch Mutters Strumpfhose ersetzt haben?“ So oder so ähnlich beginnen manche Abende am Kamin. Wenn Großvater von früher erzählt. Als es im VW Käfer zu viert über die Alpen nach Italien ging. Bis unters Dach vollgepackt, und keiner musste sich anschnallen. Legendenbildung.

Es gibt viele kuriose Dinge und moderne Mythen rund ums Auto, die seit Jahren weitererzählt werden. Obwohl sie falsch und unsinnig sind. „Ein Teil der Mythen stammt noch aus Großvaters Zeiten, sie wurden von den älteren Generationen mündlich weitergegeben und werden heute zum Teil noch lebendig gehalten“, sagt Ulrich Köster vom Deutschen Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK).

Dazu zählt auch die Geschichte mit der Damen- strumpfhose als Keilriemenersatz. „Die Fahrzeugtechnik hat sich aber seitdem stark entwickelt, und die alten Geschichten stimmen einfach nicht mehr. Gut gemeinte Spritspartipps sind heute obsolet.“ Das sei heute in modernen Fahrzeugen beispielsweise mit Start-Stopp-Automatik besser möglich, als auszukuppeln und das Auto im Leerlauf den Berg hinunterrollen zu lassen.

Für Jürgen Bente vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) ist es immer noch erstaunlich, dass Mythen von Generation zu Generation weitererzählt werden. Das liege daran, dass die Geschichten nicht hinterfragt werden. „Doch neue Mythen kommen immer weniger hinzu, weil das Auto ja nicht mehr den Stellenwert wie noch vor 30 Jahren hat“, sagt er.

Der Mythos, dass Automatikgetriebe Leistung und Sprit schlucken, stammt noch aus der Zeit, als die schweren Wandlerautomaten nur drei oder vier Gänge hatten.

Auch der ADAC kämpft seit Jahren gegen die Mythen an. Vor allem in den Bereichen Gesundheit wie Müdigkeit halten sich hartnäckige Gerüchte. Etwa, dass Kaffee und Energiedrinks Autofahrer konstant wach halten. „Das ist Quatsch, Koffein erhöht die Aufmerksamkeit nur für einen kurzen Zeitraum. Eine halbe Stunde nach dem Einnehmen für etwa zwei Stunden“, sagt ein Sprecher.

Auch dass Autofahrer merken, wenn sie kurz vor dem Einschlafen sind, stimme nicht. Denn wer müde ist, schlafe auch irgendwann mal ein. Plötzlich. Ebenso unsinnig sei der Glaube, dass frische Luft und laute Musik den Fahrer konstant vorm Wegnicken abhalten. Das passiere nur für kurze Zeit, danach sei der Effekt schnell wieder vorüber.

Zehn Auto-Mythen im Check:

  • Damenstrumpfhose: Statt eines Keilriemens kann man eine Damenstrumpfhose verwenden. Das galt vielleicht beim VW Käfer, nicht jedoch für moderne Fahrzeuge mit vielen Zusatzaggregaten und einem weitverzweigten Keilriemen.
  • Warmfahren: Ein Motor muss mindestens zehn Kilometer warmgefahren werden. Das kommt auf die Größe des Motors und die Verbrennungsart an. Großvolumige Diesel brauchen mehr Zeit als kleine Benziner. Entscheidend ist nicht die Wassertemperatur, sondern die des Öls.
  • Kaugummi als Kitt: Einen Kühlwasserschlauch kann man mit Kaugummi reparieren. Das funktioniert nicht, weil im Kühlkreislauf ein zu hoher Druck herrscht. Der Kaugummi würde schnell abfallen.
  • Guckloch: Im Winter reicht ein kleines Guckloch völlig aus. Falsch. Alle Scheiben müssen frei bleiben. Es muss sogar das ganze Auto schneefrei sein, also auch das Dach, die Kennzeichen, die Scheinwerfer und Leuchten.
  • Termin überziehen: Die Hauptuntersuchung (HU) darf man ruhig zwei Monate überziehen? Falsch. Den Termin der HU darf man nicht überziehen. Allerdings wird ein Bußgeld erst fällig, wenn die Plakette mindestens seit zwei Monaten ungültig ist.
  • Allrad mit Schneeketten: Bei einem Allradauto braucht man keine Schneeketten. Das stimmt nicht. Schneeketten sind in Deutschland, Österreich und Italien überall dort Pflicht, wo ein blaues Schneeketten-Schild steht. Das gilt dann für alle Fahrzeuge.
  • Auffahrunfall: Wer einem hinten auffährt, hat immer Schuld. Das stimmt nicht. Je nach Verhalten des Vorausfahrenden trifft ihn auch eine Teilschuld.
  • Supermarkt-Parkplatz: Auf Kundenparkplätzen wie von Supermärkten gilt immer die Straßenverkehrsordnung (StVO). Das ist falsch. Das Schild hat keine rechtliche Bedeutung. Die StVO gilt nur auf öffentlichen Straßen, nicht jedoch auf privaten Grundstücken. Dafür gilt auf Parkplätzen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme.
  • Bergab Sprit sparen: Man spart Sprit, indem man bei Bergabfahrten den Motor ausmacht. Das stimmt. Aber es ist sehr gefährlich: Denn einige Zusatzaggregate wie der Bremskraftverstärker oder die Servolenkung sind ohne laufenden Motor nicht mehr betriebsbereit.
  • Autos mit Automatik: Automatikautos verbrauchen automatisch mehr. Zwar wiegen Automatikgetriebe meist mehr als manuelle Getriebe. Der Mehrverbrauch wird aber durch mehr Gänge und eine niedrige Übersetzung kompensiert. Doppelkupplungsgetriebe, die sich wie Automatikgetriebe fahren lassen, verbrauchen in der Regel weniger als manuelle Getriebe.