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Die geeignete Bestattungsart finden

03.11.2011, 10:26

Neuss - Einäschern oder im Sarg beisetzen? Vor dieser grundlegenden Entscheidung stehen viele Angehörigen im Trauerfall. Gut, wenn sich der Verstorbene zu Lebzeiten dazu geäußert hat - noch besser, wenn die Hinterbliebenen mit seinem Wunsch gut leben können.

Wenn jemand stirbt, sind es in der Regel die nächsten Angehörigen, die sich um die Beisetzung des Toten kümmern. Im Idealfall haben sie von ihm zu Lebzeiten erfahren, wie er bestattet werden möchte. Doch den meisten Menschen fällt es schwer, sich mit dem eigenen Tod zu befassen. "Weil es sehr viel mit der eigenen Endlichkeit zu tun hat", sagt die Diplompsychologin Inga Bucolo-Trappen aus Neuss. Sie versuchten, das Thema zu verdrängen, weil sie keine Übung im Umgang damit haben. "Mit den Themen Tod und Sterben werden wir in unserer Gesellschaft wenig konfrontiert."

Die Folge: "Wir reden oft nicht darüber, was uns am Lebensende existenziell wichtig ist", sagt Oliver Wirthmann vom Kuratorium Deutsche Bestattungskultur. Grundsätzlich sei zwar zu beobachten, dass das Thema Tod in den vergangenen Jahren immer mehr enttabuisiert und mit einer neuen Nüchternheit behandelt werde. Aber das geschehe immer auf eine virtuelle, künstliche Weise: "Es ist immer der Tod der anderen." Im Durchschnitt habe ein Bundesbürger gerade mal alle 10 bis 20 Jahren mit einem Todesfall im engeren Familienkreis zu tun.

Dennoch sei es wichtig, über das eigene Ableben nachzudenken und zu Lebzeiten darüber zu sprechen - davon sind nicht nur der Theologe Wirthmann wie die Psychologin überzeugt, sondern auch Alexander Helbach von der Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas in Königswinter bei Bonn. Sonst sei im Trauerfall die Ratlosigkeit manchmal groß, sagt er: Wollte der Tote eingeäschert werden oder nicht? Wenn es ein Familiengrab gibt, soll er dort beigesetzt werden? Oder vielleicht doch lieber in einem Ruheforst unter einem Baum?

Grundsätzlich gibt es zwei Formen der Bestattung: die Erd- oder die Feuerbestattung. Ihr Anteil ist in etwa gleich groß, doch die Tendenz zur Einäscherung steige, sagt Wirthmann. Helbach sieht mehrere Gründe dafür: "Zum einen ist es meist billiger, weil die Hinterbliebenen keinen Aufwand mit der Grabpflege haben." Zum anderen würden Traditionen unwichtiger. So spielen religiöse Bedenken gegen das Verbrennen immer weniger eine Rolle. Und schließlich fehlten vielen Menschen auch die familiären Bindungen: entweder weil sie keine Angehörigen mehr haben oder weil Hinterbliebene weit weg wohnen und daher nicht das Grab pflegen können.

In diesen Zusammenhang ordnen die Fachleute in gewisser Weise auch den zunehmenden Wunsch nach anonymer Bestattung ein. "Das resultiert aus der Angst, dass sich später keiner mehr kümmert, so nach dem Motto: \'Es besucht mich doch eh keiner\'", analysiert Wirthmann. Es handele sich um eine Art Entsorgungsmentalität, kritisiert er. Inga Bucolo-Trappen erkennt in dem Wunsch nach Anonymität die Furcht, selbst nach dem Tod anderen noch zur Last zu fallen - und das Bedürfnis, darunter einen Schlussstrich zu ziehen. "Darin spiegelt sich unsere Gesellschaft wider", sagt sie. Aber es habe auch damit zu tun, dass das Thema Tod gesellschaftlich so ausgeklammert wird: "Die Pragmatik des Verbrannt- und anonym-bestattet-werden-Wollens ist auch ein Vorwand, sich damit nicht auseinanderzusetzen."

Je klarer sich ein Mensch vor seinem Ableben geäußert hat, desto einfacher kann es für die Angehörigen sein, im Trauerfall wichtige Entscheidungen zu treffen - auch wenn im Zweifel gilt: "Wer bezahlt, entscheidet", wie Helbach es formuliert. Daher dürften sich Angehörige, die gern ein Grab zum Pflegen hätten, über den Wunsch nach anonymer Bestattung hinwegsetzen. "Der letzte Wille kommt da an Grenzen, wo die Nachfahren damit leben müssen", sagt auch Wirthmann. Denn häufig sei der Wunsch nach anonymer Bestattung eher ein indirekter Appell an die Verwandten, sich eben doch zu kümmern.

Wer sich aber zum Beispiel unbedingt wünscht, dass seine Asche verstreut oder die Urne auf See und nicht in einem Urnengrab oder einer Urnenwand beigesetzt wird, bereitet seinen Angehörigen damit oft ein Problem: "Trauer braucht einen Ort", sagt Wirthmann. In der Regel sei das der Friedhof.

Doch das Grab ist nach Ansicht von Bucolo-Trappen dafür kein Muss: Wenn die Vorstellungen so weit auseinandergehen und die Angehörigen einen Kompromiss finden wollen, könnten sie sich vielleicht daheim einen Altar herrichten, regt sie an. Platz finden könne dort neben einem Bild etwa eine Locke, damit nach der Einäscherung "noch etwas Körperliches" da ist und die Asche dennoch anonym bestattet werden kann.

Service:

Verbraucherzentrale Bundesverband: Was tun, wenn jemand stirbt? Ein Ratgeber in Bestattungsfragen, 192 Seiten, 9,90 Euro, ISBN-13: 978-3-936350647


Das Grab verändert seine Bedeutung"Die Grabstätte ist meistens in den ersten drei Jahren ein Ort der Trauer", sagt die Diplompsychologin Inga Bucolo-Trappen. Dann sollte der Hinterbliebene seine Trauer überwunden haben und das Grab als Erinnerungsort verstehen. Hinterbliebene leben oft noch 20 oder mehr Jahre weiter - das Grab könnte irgendwann sogar zur Belastung werden.