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Volksstimme-Telefonforum zum Abschluss der Volksstimme-Serie zur Organspende Die Kassenzugehörigkeit spielt für Aufnahme in Warteliste keine Rolle

19.09.2007, 04:55

Wenn das Herz, die Leber oder ein anderes lebenswichtiges Körperteil versagt, kann oftmals nur noch das Organ eines anderen Menschen helfen. Organspenden nach dem Hirntod sind unverzichtbar, um das Leben vieler anderer Menschen zu retten. Volksstimme-Leser hatten gestern die Chance, mit Experten über Organspende und Organtransplantation zu sprechen. Uwe Seidenfaden stellte einige Fragen und Antworten zusammen.

Frage : Ich bin auf eine Dialyse angewiesen. Wenn ich sterben muss, bevor ich eine gesunde Spenderniere erhalten kann, sollen meine noch intakten Organe an andere Menschen auf der Warteliste weitergeben werden. Ich frage mich allerdings, ob es sich in meinem Fall lohnt, einen Spenderausweis auszufüllen ?

Antwort : Jeder Mensch sollte sich mit dem Thema Organspende auseinandersetzen und seinen Willen bekunden. Eine Organentnahme wird grundsätzlich ausgeschlossen, wenn beim Verstorbenen eine akute Krebserkrankung oder akute Tuberkulose vorliegen. Bei allen anderen Erkrankungen entscheiden die Ärzte nach den vorliegenden Befunden, ob Organe für eine Entnahme in Frage kommen. Es ist auch nicht notwendig, sich ärztlich untersuchen zu lassen, bevor man sich zur Organspende bereit erklärt.

Frage : Brauche ich auch für eine Lebendspende einen Organspendeausweis ?

Antwort : Nein. In Deutschland ist eine Organspende zu Lebzeiten nur unter Verwandten ersten oder zweiten Grades, unter Ehepartnern, Verlobten und unter Menschen möglich, die sich in besonderer persönlicher Verbundenheit nahe stehen. Eine unabhängige Gutachterkommission prüft, ob die Spende freiwillig und ohne finanzielle Interessen geschieht.

Frage : Ich würde prinzipiell meine Organe nach dem Tod spenden. Ich möchte aber nicht, dass sie vorrangig an Privatpatienten gehen. Kann ich das ausschließen ?

Antwort : Ob jemand auf die Warteliste von Eurotransplant kommt, ist nicht von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Krankenkasse abhängig. Die Kassenzugehörigkeit wird nicht erfragt. Die Organvergabe erfolgt ausschließlich nach medizinischer Dringlichkeit.

Frage : Wie bekommt man den Organspendeausweis ? Meine Krankenkasse hat sie derzeit nicht auf Lager und mein Arzt gab mir den Ratschlag, den Ausweis aus dem Internet herzunterladen. Ich habe aber keinen Computer.

Antwort : Der Ausweis sollte bei Ärzten, Apotheken und Krankenkassen vorrätig sein. Es gibt ihn aber auch nach einem Anruf beim Infotelefon Organspende unter der kostenlosen Rufnummer : ( 0800 ) 90 40 400. Sie können aber auch ohne diesen Vordruck schriftlich verfügen, dass Sie nach dem Tod Organe spenden wollen. Eine notarielle Beglaubigung ist dazu nicht erforderlich. Ihre Unterschrift reicht aus. Sinnvoll ist es, wenn Sie mit den Angehörigen über Ihren Willen zur Organspende sprechen. Die Ärzte werden sich in der Regel an die Angehörigen wenden.

Frage : Bei meiner Tochter wurde das Thema Organspende kürzlich im Schulunterricht besprochen. Dürfen Minderjährige denn Organspender sein ?

Antwort : Auch Minderjährige können sich ab dem 16. Lebensjahr als Organspender zur Verfügung stellen. Für Kinder liegt die Entscheidung bei den Eltern. Ab einem Alter von 14 Jahren können sich Jugendliche gegen eine Organspende aussprechen. Es gibt außerdem keine obere Altersgrenze.

Frage : In Großbritannien haben Ärzte vorgeschlagen, hirntote Menschen vor der Organentnahme zu narkotisieren. Können Hirntote wirklich noch etwas fühlen ?

Antwort : Anders als in Deutschland gilt in England der Ausfall des Hirnstammes als Hirntod. Der Ausfall des Hirnstamms führt zum Atemstillstand und dem kompletten Organsversagen.

In Deutschland bedeutet Hirntod, dass sowohl der Hirnstamm als auch das Großhirn unwiederbringlich ausgefallen sind. Das Großhirn sorgt u. a. für die bewusste Wahrnehmung von Sinneseindrücken. Theoretisch ist es denkbar, dass beim Ausfall des Hirnstammes Teilfunktionen der Großhirnrinde während der Organentnahme noch erhalten sind. Um dieses geringe Restrisiko auszuschließen und um das Vertrauen potentieller Organspendern in England zu fördern, haben die Mediziner den Vorschlag zur Anästhesie von Hirntoten gemacht.

Bei einem Gesamthirntot ist eine Narkose in jedem Fall unnötig, denn alle Teile im Gehirn, die Schmerzen wahrnehmen könnten, sind mit Sicherheit ausgefallen. Es ist jedoch möglich, Substanzen zu verabreichen, die reflexartige Muskelzuckungen unterdrükken und einen unerwünschten Anstieg von Herzfrequenz und Blutdruck während der Organentnahme unterbinden. Diese Reaktionen haben ihren Ursprung in nervlichen Aktivitäten des Rückenmarks und sind nicht mit Erleben durch den Hirntoten verbunden.

Frage : Mein Mann hat einen Organspendeausweis. Ich zweifele, ob für einen Organspender im Fall einer lebensbedrohlichen Erkrankung das gleiche medizinisch getan wird, wie für einen Menschen, der keinen Organspendeausweis hat.

Antwort : In jedem Fall ist es oberstes medizinisches Ziel, das Leben des Patienten zu retten. Nur wenn Hilfe nicht mehr möglich ist und der Hirntod zweifelsfrei durch zwei Mediziner festgestellt wurde, kommt eine Organspende in Betracht. Für diesen Fall ist es für Ärzte wichtig, die Ansichten des Verstorbenen zu kennen.

Frage : Ich habe vor zwei Jahren eine neue Niere bekommen. Ich möchte bemerken, dass es mir zwar recht gut geht. Aber so wie vor meiner Erkrankung fühle ich mich auch nicht. Ich benötige oftmals Ruhepausen, um meine Energiereserven wieder aufzutanken.

Antwort : So wie Ihnen geht es vielen Transplantierten. Wenn Sie nach zwei bis drei Tagen erhöhte Belastung Ruhe brauchen, sollten Sie sich diese Zeit nehmen.

Frage : Wird nach der Hirntod-Diagnose auch das Blut für einen spätere Transplantation entnommen ?

Antwort : Nein. Von Lebendspendern weiß man allerdings, dass beispielsweise Nierentransplantate länger überleben, wenn der Empfänger vorher auch Spenderblut erhalten hatte oder einer speziellen Blutwäsche unterzogen wurde. Dabei werden die Antikörper, die sich gegen die Fremdniere hätten richten können, ausgewaschen.

Frage : Ich habe gelesen, dass eine Leber bereits zu Lebzeiten für einen Angehörigen gespendet werden kann. Wie funktioniert das ? Jeder Mensch hat doch nur eine Leber und braucht sie.

Antwort : Eine gesunde Leber regeneriert sich von selbst. Das machte in den 1990 er Jahren die Entwicklung einer so genannten Split-Leber-Transplantation von lebenden Organspendern möglich. Sind die Organempfänger Kinder, reicht als Transplantat der kleinere linke Leberlappen eines Erwachsenen. Bei Spenden für einen Erwachsenen müssen hingegen Teile des größeren rechten Leberlappens entnommen werden, was mit etwa höheren Risiken für den Spender verbunden ist. Die Lebend-Leberspende ist gewissermaßen eine Notlösung, weil nicht genügend Organe von Toten zur Verfügung stehen. Es ist heute möglich, dass zwei schwerkranke Menschen sich die Leber eines Toten teilen. Die Überlebensrate nach einem Jahr liegt bei rund 90 Prozent.

Die Vorteile einer Teil-Leberspende von Lebenden ist die bessere Planbarkeit der Transplantation und oftmals bessere Qualität des Organs sowie ein geringeres Abstoßungsrisiko, wenn der Spender und Empfänger eng miteinander verwandt sind.

Frage : Ich habe früher gern Tennis gespielt. Kann ich das mit einer transplantierten Leber auch wieder tun ? Wieviel Sport ist nach einer Organtransplantation noch gesund ?

Antwort : Je nach körperlicher Verfassung ist durchaus zu sportlichen Aktivitäten zu raten. Tennis, aber auch Gymnastik, Schwimmen, Radfahren und Wandern sind durchaus zu empfehlen.

Bei Sportarten mit einem hohen Verletzungsrisiko wie Kampfsport, Hochsprung und Fußball ist besondere Vorsicht geboten.

Frage : Ich will, dass meine sterblichen Überreste der Forschung und Lehre zur Verfügung gestellt werden. Ist dafür ein Nachlass bei den Bestattungskosten möglich ?

Antwort : Ein Verkauf von Körperteilen ist in Deutschland rechtlich verboten. Aufwandsentschädigungen sind prinzipiell erlaubt. Allgemeine Festlegungen über die Höhe gibt es jedoch nicht.