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Volksstimme-Telefonforum zum Opfer- und Zeugenschutz Opfer von Gewalttaten haben Anspruch auf Entschädigung

14.03.2007, 04:56

Auskunft zum Opfer- und Zeugenschutz gaben gestern am Volksstimme-Telefon Staatssekretär Burkhard Lischka, Oberstaatsanwältin Silvia Niemann, Rechtsanwältin Petra Glade sowie Sabine Heutling und Adelheid Roschinski von der Opferberatung des Sozialen Dienstes der Justiz. Anja Hintze notierte Fragen und Antworten.

Frage : Meine Tochter wird von ihrem Mann geschlagen. Wo findet sie Hilfe ?

Antwort : Ihrer Tochter ist zu empfehlen, sich kompetenter professioneller Hilfe zu bedienen. Sie kann unterschiedliche Beratungsangebote in Anspruch nehmen ( siehe Info-Kasten ).

Frage : Ich war Zeuge in einem Strafprozess. Da fi ndet man als Opfer doch gar kein Gehör. Wer kümmert sich um die Opfer ?

Antwort : Das Hauptaugenmerk bei einer Straftat liegt in der Tat auf der Strafverfolgung, ist also auf den Täter ausgerichtet. Gerade weil das so ist und weil sich die Opfer mit den Folgen der Tat häufi g allein gelassen fühlen, wurden in Sachsen-Anhalt die Opferberatungen eingerichtet. Opferrechte können auch in Form von Nebenklagen wahrgenommen werden. Unter bestimmten Vorraussetzungen kommt auch ein " Opferanwalt " in Betracht. Über die Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Opferrechten können Sie sich bei der Opferberatung informieren. Darüber hinaus und auch davon unabhängig kann im Rahmen der Beratung eine Vorund Nachbereitung der Gerichtsverhandlung sinnvoll erscheinen, die bei Bedarf auch Informationen an den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft zur Situation von Betroffenen und die Begleitung vor Ort umfassen kann.

Frage : Wenn ich zu so einer Opferberatung gehe : Ist das dann ein einzelnes Gespräch, oder dauert die Betreuung länger ? Und kostet das Geld ?

Antwort : Generell gilt : Das Opfer entscheidet über die Dauer der Zusammenarbeit. Die Beratung erfolgt freiwillig, streng vertraulich und ist kostenlos. Der Umfang der Betreuung richtet sich an den besonderen Umständen des Einzelfalles aus und kann auch andere Hilfeeinrichtungen einbeziehen. Die Zusammenarbeit kann jederzeit beendet werden.

Frage : Mein Sohn war in eine Schlägerei verwickelt. Ich habe gehört, dass es auch die Möglichkeit gibt, dass sich Täter und Opfer an einen Tisch setzen, und dass es dann nicht zu einer Gerichtsverhandlung kommt. Stimmt das ?

Frage : Ja, es gibt den so genanntenT äter-Opfer-Ausgleich ( TOA ). Er bietet den Geschädigten und den Beschuldigten die Möglichkeit, unter Beteiligung eines neutralen Konfl iktvermittlers den Konfl ikt, der zu einer Straftat geführt hat, außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens gemeinsam zu lösen. Man kann über das Geschehen, seine Motive und Gefühle sprechen und gemeinsam nach einer Lösung des Konflikts suchen, sich zum Beispiel auf eine Entschuldigung oder auch auf die Zahlung von Schmerzensgeld einigen. Voraussetzung ist die freiwillige Bereitschaft aller Beteiligten. Der TOA wird in erster Linie von Konfl iktschlichtern bei Vereinen der freien Straffälligenhilfe, aber auch von Mitarbeitern des Sozialen Dienstes durchgeführt. Ein Konfl iktlösungsgespräch wird in der Regel durch gesonderte Beratungen der Beteiligten vorbereitet.

Frage : Eine Freundin meiner Tochter ist Opfer eines Überfalls geworden und wird mit den Erfahrungen einfach nicht fertig. Sie ist jetzt schon fast drei Monate krankgeschrieben. Wer kann ich solchen Fällen helfen ?

Antwort : Opferberatungsstellen führen nicht nur Kriseninterventionen, sondern im Einzelfall auch psychosoziale Langzeitberatungen durch. Bei Bedarf kommt es zur Weitervermittlung an Psychologen oder Therapeuten, die auf dem Gebiet der Bearbeitung von posttraumatischen Belastungsstörungen tätig sind. Die Mitarbeiter der Opferberatung sind bei der Beantragung von Kuren oder Therapien behilflich.

Frage : Muss man seinen Namen nennen, wenn man zur Beratung kommt ?

Antwort : Nein. Die Beratung kann auch anonym erfolgen. Dies schränkt aber unter Umständen die Hilfsmöglichkeiten ein. Zum Beispiel wenn es darum geht, Kontakt mit anderen Behörden aufzunehmen.

Frage : Wird nur Opfern geholfen oder auch ihren Angehörigen ?

Antwort : Das Angebot der Opferberatung richtet sich nicht nur an Opfer von Straftaten, sondern schließt auch deren Angehörige mit ein. Im Mittelpunkt stehen auch hier Gespräche und Beratungen zur Abwehr von Krisen und die Aufarbeitung von psychosozialen Problemlagen. Daneben bietet die Opferberatung Opfern und ihren Angehörigen praktische Hilfen an, wie etwa die Begleitung zur Polizei, zu Behörden, Ärzten oder Anwälten an. Die Opfer erhalten Informationen zum Opferentschädigungsgesetz und über fi nanzielle Hilfen.

Frage : Es ist mittlerweile drei Jahre her, dass ich Opfer eines Überfalls geworden bin. Ich denke, ich habe das ganz gut verarbeitet und würde gerne anderen in einer ähnlichen Situation helfen. Wo kann ich erfahren, ob es Selbsthilfegruppen gibt oder was man tun muss, wenn man selbst eine solche Gruppe aufbauen will ?

Frage : Die Operberatung kann Ihnen konkrete Tipps zum Aufbau einer Selbsthilfegruppe geben. Sie vermittelt auch Interessenten an bestehende Gruppen und ist bei der Kontaktaufnahme behilflich.

Frage : Ich habe im Internet vom Opferentschädigungsgesetz gelesen. Wann greift das ?

Antwort : Das Opferentschädigungsgesetz gilt für Personen, die Opfer einer Gewalttat geworden sind. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf Entschädigung. Die Tat muss in der Bundesrepublik Deutschland, auf einem deutschen Schiff oder in einem deutschen Flugzeug begangen worden sein. Leistungen werden nur auf Antrag gewährt. Hinweise zum Ziel des Gesetzes, zur Anspruchsberechtigung und zum anspruchsberechtigten Personenkreis gibt ein Infoblatt, das beim Landesversorgungsamt erhältlich ist.

Frage : Ich bekomme ständige Anrufe von meinem Ex-Ehemann. Was kann ich tun ? Wer hilft mir, wenn die Belästigungen zunehmen ?

Antwort : Der Gesetzgeber hat zum besseren Schutz zwei Möglichkeiten geschaffen : Zum einen das Gewaltschutzgesetz, danach können Sie einen Kontaktsperre-Antrag stellen. Eine solche Kontaktsperre kann durch das Amtsgericht innerhalb von 48 Stunden angeordnet werden. Außerdem kann eine strafrechtliche Ahndung nach dem Stalking-Gesetz erfolgen. Wer beispielsweise Menschen nachstellt, beharrlich räumliche Nähe sucht, unter Verwendung von Telefonen Kontakt herstellt und bedroht, unter missbräuchlicher Verwendung von Daten Bestellungen oder Dienstleistungen veranlasst, so dass die Lebensgestaltung des Opfers schwerwiegend beeinträchtigt wird, kann mit Freiheitsstrafe bestraft werden.

Sie können aber auch persönlich zu Ihrer Sicherheit beitragen : Sagen Sie der Person, die Ihnen nachstellt, einmal deutlich, dass Sie keinen Kontakt wünschen. Informieren Sie Ihre Familie, Bekannte, Freunde, Arbeitskollegen und den Arbeitgeber. Dokumentieren Sie das Erlebte. Solche Dokumente können gegebenenfalls als Beweismittel dienen. Entsorgen Sie Abfall, der auf Sie persönlich schließen lässt, so, dass er für andere unbrauchbar ist. Sie können sich auch eine zweite Telefonnummer zulegen. Rufen Sie die Polizei im Falle einer Bedrohung. Erstatten Sie Anzeige. Nehmen Sie ein Handy mit, wenn Sie unterwegs sind. Verhalten Sie sich eindeutig.

Frage : Kann ich mir als Opfer einen Anwalt nehmen ? Wer kommt für die Kosten auf ?

Antwort : Opfer und Zeugen haben zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens die Möglichkeit, die Hilfe eines Anwalts in Anspruch zu nehmen. Der Anwalt kann Zeugenbeistand oder Nebenklagevertreter werden. Für die Erstberatung beim Anwalt kann man beim Amtsgericht Beratungshilfe beantragen. Bei der Beratung wird sich klären, ob für Sie Prozesskostenhilfe, fi nanzielle Unterstützung durch Hilfeeinrichtungen ( Weißer Ring oder der Landesverband der Opferhilfe ) oder die Beiordnung eines Opferanwaltes in Betracht kommt.

Frage : Ich habe eine Zeugenladung erhalten und habe Angst, auszusagen. Muss ich bei Gericht erscheinen ?

Antwort : Sie müssen bei Gericht erscheinen. Zu Ihren Personalien und zu Ihrem Wohnort müssen Sie Angaben machen. Zur Sache müssen Sie aussagen, sofern kein Aussageverweigerungsrecht vorliegt ( aufgrunddesverwandtschaftlichen Verhältnisses zum Täter ). Viele Menschen haben Angst vor einer Zeugen-Aussage. Diese Angst ist häufi g unbegründet. Wenden Sie sich an eine Opferberatungsstelle oder die Zeugenbetreuung beim Landgericht Magdeburg. Dort erhalten Sie Informationen zum Ablauf des Strafverfahrens und über Ihre Rechte als Zeuge. Sollte Ihre Angst aus einer konkreten Bedrohungssituation durch den Täter oder sein Umfeld resultieren, können Sie Anzeige erstatten. Bedenken Sie : Zeugen-Aussagen sind oft die einzige Möglichkeit, einen Täter zu überführen.