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Cola-Dosen, Kaugummi, Kippen Bahn kämpft gegen dreckige Stationen

Putzen auf dem Bahnhof, das ist kein Job für Zimperliche. Das schmuddelige Ambiente mancher Stationen schreckt auch Reisende ab. An 53 Orten hat die Bahn im Frühjahr eine "Reinigungsoffensive" gestartet. Doch hat die Aktion etwas gebracht?

Von Berit Böhme, dpa 30.11.2016, 10:18

Hannover (dpa) - Überquellende Mülleimer, Zigarettenkippen, klebrige Kaugummireste und Pfützen mit undefinierbarem Inhalt: Mancher Bahnsteig in Deutschland sieht ekelerregend aus. Dabei legt sich die Deutsche Bahn inzwischen mächtig ins Zeug, um für Sauberkeit in den rund 5400 Stationen zu sorgen.

Im Februar startete der Konzern eine 3,8 Millionen Euro schwere Reinigungsoffensive an 53 mittleren und großen Bahnhöfen. Dort wurde die Situation in Kundenumfragen als "verbesserungswürdig" bewertet. In Norddeutschland etwa müssen sich elf Stationen stärker ins Zeug legen - Braunschweig, Oldenburg, Celle, Hildesheim, Osnabrück, Leer, Bremen, Emden, Lübeck, Hamburg-Hauptbahnhof und Hamburg-Harburg.

Der Erfolg der Reinigungsoffensive wird allerdings nicht überall als optimal bewertet. Andrea van Laaten etwa, die in Emden die Filiale einer Bäckerei im Bahnhof leitet, sagt: "Das ist nicht sauberer geworden, definitiv nicht." Das schlechte Erscheinungsbild der Station liege aber auch am abgenutzten Zustand des Fußbodens. "Der muss dringend neu gemacht werden." Im übrigen sei der ganze Bahnhof nicht wirklich einladend. In der Touristeninfo nebenan urteilt eine Mitarbeiterin nach der "Reinigungsoffensive": "Dass es jetzt blinkt und blitzt, würde ich nicht sagen."

"Sauberkeit ist für alle Kunden ein extrem wichtiges Moment, auch um sich sicher zu fühlen", betont Barbara Mauersberg von der Allianz pro Schiene, einem Zusammenschluss von über 140 Unternehmen aus der Eisenbahnbranche und Non-Profit-Verbänden. Und Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn ergänzt: "Der Bahnhof ist die Visitenkarte des Ortes." Oft gingen die Reisenden sorglos mit ihrem Abfall um. "Es ist sicherlich auch ein gesellschaftliches Problem."

Nach Angaben der Bahn wird für die Reinigung der Stationen jährlich ein hoher zweistelliger Millionenbetrag aufgewendet. An großen Bahnhöfen putzen die Mitarbeiter nach Angaben eines Bahnsprechers rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche - dort, wo es nötig ist. Kleinere Standorte werden in Zyklen gereinigt. "Komplett saubermachen bringt mehr als jeden Tag eine Viertelstunde mit dem Besen kehren", sagt der für 80 Stationen in Ostwestfalen zuständige Bahnhofsmanager Martin Nowosad.

Kaugummiresten etwa rücken die Mitarbeiter mit Dampfreinigern zu Leibe. Der Job ist nichts für Zimperliche, manchmal müssen auch Fäkalien oder Erbrochenes beseitigt werden. Die Qualität des Ergebnisses variiert. "Wir erleben zwischen den Bahnhofsmanagements erhebliche Unterschiede", sagt Mauersberg von der Allianz pro Schiene.

Rauchen ist seit fast zehn Jahren in Bahnhöfen und auf Bahnsteigen verboten. Doch die gelben Hinweistafeln werden häufig ignoriert. Die Kippen landen auf dem Bahnsteig oder im Gleisbett. Wenn sie Raucher am Gleis ertappt, versuchen es Bahnhofsmanager Nowosad und seine Kollegen mit freundlicher Ansprache. Bleibt der Raucher uneinsichtig, droht ein Ordnungsgeld. Außerdem werden in Großräumen wie Berlin Reinigungskosten von 15 Euro erhoben. "Als Kompromiss haben wir Raucherbereiche in den großen Stationen", sagt Nowosad. Doch Raucher sind auch Kunden, und zuweilen sei der Zustand der Raucherbereiche "sehr unerfreulich", berichtet Mauersberg.

Nowosad hat in puncto Sauberkeit große regionale Unterschiede zwischen Großstadtbereichen und ländlicheren Gegenden beobachtet. "In Ostwestfalen melden sich die Fahrgäste schon mal, wenn der Papierkorb überquillt." Unterschiede sieht er auch bei den Generationen: "Die jungen Leute gehen schon eher lockerer mit dem Thema Sauberkeit um."

Vor der Station ist dann die jeweilige Stadt verantwortlich. "Die Kommunen ticken sehr unterschiedlich, manchmal hakt es ein bisschen", sagt Nowosad. Der Zustand der Bahnhöfe sei auch eine Frage des Umfeldes. "Oft fehlt die soziale Kontrolle. Man muss städtebaulich dafür sorgen, dass da was passiert", meint Peter Naumann vom Fahrgastverband.

Gute Erfahrungen mit einer Aufwertung der Bahnhofsgegend hat etwa die 13 000 Einwohner-Stadt Steinheim im Kreis Höxter in Nordrhein-Westfalen gemacht. "Der Bahnhof war ein städtebaulicher Missstand", sagt Ralf Kleine von der Steinheimer Wirtschaftsförderung. Das marode Gebäude wurde vor fünf Jahren saniert, Hotel und Gastronomie zogen ein. Anschließend wurde auch der Bahnsteig modernisiert. Dafür heimste die Stadt im Sommer den Titel " Bahnhof des Jahres" ein. "Es ist ein ganz gewaltiger Unterschied. Die Leute gehen da bewusster mit um, sie sind stolz auf die Auszeichnung", bilanziert Kleine.

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