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Geldanlage Bausparkassen kündigen Verträge

Immer mehr Bausparern in Sachsen-Anhalt flattert plötzlich die Kündigung ins Haus. Rechtlich ist das umstritten.

Von Steffen Honig 11.08.2015, 01:01

Magdeburg l Die anhaltende Niedrigzinsphase verschärft den Interessenkonflikt zwischen Bausparkassen und ihren Kunden. Die Institute wollen die höher verzinsten Altverträge am liebsten loswerden, die Sparer diese gern behalten – als gute Geldanlage.

Allein die öffentliche Landesbausparkasse Ost, zu der die ostdeutschen Bundesländer gehören, hat nach eigenen Angaben 1405 Verträge gekündigt, die „überspart“ sind, das Guthaben also über dem vereinbarten Betrag liegt. Zudem wurde in 1894 Fällen die Kündigung für zuteilungsreifen Verträge ausgesprochen, bei denen das Darlehen zehn Jahre nicht in Anspruch genommen wurde.

Die Vertragskündigungen der privaten Anbieter wie Schwäbisch-Hall und Wüstenrot hinzugenommen, schätzt Sven Kretzschmar von der Landesverbraucherzentrale die Gesamtzahl auf „mehrere zehntausend Kündigungen“ allein in Sachsen-Anhalt.

Die LBS Ost verweist darauf, dass Bausparer „Mitglied einer Solidargemeinschaft“ würden. Erbrachten Leistungen für die Gemeinschaft in der Sparphase würden Gegenleistungen in der Darlehensphase folgen. Um den Ausgleich zwischen den Beteiligten zu steuern, könne „Absenkung der Durchschnittsverzinsung“ ein Hebel sein.

Das geschieht über niedriger verzinsten Neuverträgen – und durch Kündigung älterer, lukrativerer Verträge. Um dies zu erreichen, wird auch zu rigiden Methoden gegriffen: So bekommen widerspenstige Kunden Verrechnungsschecks zugeschickt, durch deren Einlösung die Kunden der Vertragsauflösung zustimmen würden. Die Verbraucherschutzzentrale rät, die Schecks nicht zu akzeptieren und dies der Bausparkasse mitzuteilen.

Denn rechtlich haltbar sind für Sven Kretzschmar lediglich Kündigungen der Verträge, deren „Sinn und Zweck“ durch die Einzahlung der vereinbarten Gesamtsumme erfüllt ist. Bei allen anderen Fällen sieht Kretzschmar eine rechtliche Grauzone, weil klare höchstrichterliche Urteile fehlten.

Das könnte sich bald ändern. Das Landgericht Ulm hat erst in der vergangenen Woche ein Urteil vom Januar bekräftigt, wonach die Sparkasse nicht einfach Altverträge kündigen kann. Im September kommt der Fall vor das Oberlandesgericht Stuttgart. Der Streit könnte Experten zufolge bundesweit Signalwirkung haben.

Betroffene sollten die Kündigung eines Bausparvertrages prüfen lassen, sagt Sven Kretzschmar. Möglich ist dies bei den Beratungsstellen der Verbraucherzentrale oder bei den Bausparkassen selbst. Sie haben eigens dafür Schlichter (siehe Infokasten).

Den Klageweg mit ungewissem Ausgang zu beschreiten, rät Verbraucherschützer Kretzschmar, sollte man sich aus Kostengründen gut überlegen.