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Stadtentwicklung Osterburg und Stendal erlangen Strahlkraft

Altmark-Städte kämpfen mit Millionen-Investitionen gegen den Rückgang der Bevölkerung - zum Teil mit Erfolg.

13.08.2015, 23:01

Osterburg/Stendal l Bis 2025 verliert die Altmark Tausende Einwohner, sagen Statistiker voraus. Doch vielerorts will man sich damit nicht abfinden. Nico Schulz ist so einer. Er ist mit 41 Jahren ein recht junger Bürgermeister. 2011 hat der Diplom-Kaufmann die politische Verantwortung in Osterburg übernommen, eines seiner wichtigsten Ziele ist es, die kleine Hansestadt mit ihren Ortschaften für die Zukunft zu rüsten. Eine enorme Herausforderung, denn Osterburg verliert seit Jahren beständig Einwohner. 2008 waren es noch mehr als 11 000, inzwischen sind es nur noch gut 10 000. Bis 2025 sagen Statistiker einen weiteren Schwund von 23 Prozent auf 8600 voraus. „Um die Stadt mache ich mir aber keine Sorgen“, sagt Schulz selbstbewusst. Die Kommune sei im Aufbruch.

Seit 1992 sind mehr als 24 Millionen Euro in den Stadtumbau geflossen, Osterburg ist längst keine graue Maus mehr. „65 Prozent der Gebäude in der Altstadt sind inzwischen voll saniert, 21 Prozent teilsaniert“, berichtet der CDU-Bürgermeister. Osterburg entwickele zunehmend Attraktivität für junge Familien. „Wir haben sieben moderne Kitas und sechs Schulen und schon jetzt gibt es in Osterburg eine DSL-Internet-Versorgung.“ Selbst Arzt-Praxen, betont Schulz, gebe es genug.

Osterburg will im Prinzip wie Magdeburg mehr Menschen aus dem Umland anlocken, um den Mangel an eigenem Nachwuchs auszugleichen. „Im ersten Halbjahr 2014 hatten wir erstmals mehr Zuzügler als Abwanderer“, berichtet Schulz. Die positive Entwicklung hat sich bis in die Landesregierung herumgesprochen. Deshalb hat sich Entwicklungs- und Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) in dieser Woche bei Schulz über die Osterburger Projekte informiert.

Und der junge Bürgermeister nutzte die Gelegenheit, bei Webel auf einen zügigen Ausbau der A 14 zu drängen. „Ob Osterburg tatsächlich noch viele Einwohner verlieren wird, hängt auch davon ab, ob die Autobahn kommt“, erklärt Schulz. Die Hansestadt sei zwar ein attraktiver Wohnort, doch zur Arbeit würden schon jetzt viele nach Magdeburg und sogar nach Berlin pendeln.

Wer sich in der Osterburger Innenstadt umhört, bemerkt, dass der Optimismus des Bürgermeisters ansteckend ist. „Die Stadt hat sich in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt“, sagt etwa Anja Harwart. Die 39-Jährige widerspricht ihrem Bürgermeister allerdings bei der Arztversorgung. „Wir haben derzeit noch Ärzte, aber viele gehen in den kommenden Jahren in Ruhestand und haben keinen Nachfolger.“ Wie Osterburg ist auch die Nachbarstadt Stendal im Aufbruch. Allein seit 2001 sind 67 Millionen Euro in den Stadtumbau geflossen, an der Finanzierung beteiligte sich neben der Stadt auch das Land und der Bund. „Wir sind an vielen Stellen sehr weit, aber wir sind noch nicht fertig“, sagt Oberbürgermeister Klaus Schmotz.

Seit der Wende hat Stendal Tausende Einwohner verloren, beim Stadtumbau ging es insofern erst einmal darum, den Wohnraum zu reduzieren. „Wahrscheinlich sind in kaum einer Stadt im Osten so viele Plattenbauten abgerissen worden wie hier“, sagt Schmotz. Der Stadtteil Süd mit einst 7100 Einwohnern wurde abgewickelt, in Stendal-Stadtsee wurde ein Drittel der DDR-Platten weggerissen. In dem Stadtteil leben heute nur noch rund 10 000 Einwohner, einst waren es mehr als 27 000. Die Altstadt wiederum ist umfassend saniert und teilweise gar neu erschlossen worden.

„In der DDR hat man die Altstädte verfallen lassen, heute sind sie im sanierten Zustand der Garant dafür, dass Leute wieder herziehen“, erklärt Schmotz. Lebten 1990 nur 2200 Menschen in der Innenstadt, sind es inzwischen wieder mehr als 4000. Und die Tendenz steigt. In der Altstadt gibt es noch Brachflächen, die nun nach und nach neu bebaut werden. Schmotz hofft, dass Stendal dadurch neue Strahlkraft entwickelt und nicht noch einmal 10 000 Einwohner verliert.

Ein wenig Mut macht Minister Webel. „Es gibt viele Anhaltspunkte dafür, dass die Prognosen nicht ganz so düster ausfallen werden.“ In diesem Jahr würden in Sachsen-Anhalt erstmals mehr Menschen ein- als abwandern. Darüber hinaus seien sowohl die Landflucht als auch die wachsende Zahl von Zuwanderern aus dem Ausland noch nicht in die amtlichen Prognosen voll eingepreist. Angesichts der stark steigenden Flüchtlingszahlen könnte es in der Statistik also Bewegung geben. Und die braucht das Land. Sonst zählt es im Jahr 2025 nur noch 1,9 statt 2,3 Millionen Einwohner.