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Asylbewerber Koalitionsstreit über Abschiebung

Ab sofort werden drohende Abschiebungen den Betroffenen nicht mehr vorab angekündigt. Die SPD rückt vom Koalitionspartner CDU ab.

Von Michael Bock 28.08.2015, 01:01

Magdeburg l SPD-Chefin Katrin Budde ging auf Distanz zur Union. „Abschiebungen ohne Ankündigung halte ich insbesondere für Familien mit kleinen Kindern für eine unzumutbare Härte“, sagte sie. „Aus meiner Sicht sollte es im ersten Anlauf bei einer Ankündigung bleiben.“ Es sei klar, dass Menschen ausreisen müssten, wenn ihr Asylantrag rechtskräftig abgelehnt worden sei und keine Hindernisse für die Rückkehr bestünden. „Unser Interesse sollte aber nicht eine möglichst große Zahl von Abschiebungen unter Zwang sein, sondern eine möglichst große Zahl von freiwilligen Rückkehrern.“ Andere Bundesländer engagierten sich stärker für eine aktive Rückreisehilfe.

„Der Erlass des Innenministeriums verletzt die Menschenwürde der Betroffenen“, sagte Grünen-Politiker Sören Herbst. Während sich ganz Deutschland um angemessene Bedingungen für Flüchtlinge kümmere, „betreibt die CDU in Sachsen-Anhalt Wahlkampf auf dem Rücken der Schwächsten“.

Da die Menschen jetzt in ständiger Angst leben müssten, zu jedem möglichen Zeitpunkt überrascht und abgeschoben zu werden, werde die Privatsphäre der Betroffenen außer Kraft gesetzt, sagte er.

Linke-Fraktionschef Wulf Gallert sagte, die Regierung verschärfe die Lage weiter. „Es besteht die Gefahr, dass viele, die jetzt ganz unmittelbar von der Rückführung in die Heimatländer bedroht sind, versuchen werden unterzutauchen.“ Zudem berge das Vorgehen der Regierung in sich die Konsequenz, fremdenfeindliche Ressentiments weiter zu stärken: „Wer immer gegen Flüchtlinge und Asylsuchende hetzt, kann sich durch den Schritt der Landesregierung nur bestätigt fühlen.“ Unterstützung erhielt Stahlknecht von der Gewerkschaft der Polizei. „Das ist die richtige Entscheidung“, sagte Landeschef Uwe Petermann. CDU-Innenpolitiker Jens Kolze sagte, Abschiebungen müssten konsequent durchgesetzt werden: „Wir brauchen in der jetzigen Situation dringend die Aufnahmekapazitäten für tatsächlich schutzbedürftige Personen.“

Stahlknecht sagte, zu Abschiebungen komme es nur, „wenn die Betroffenen sich nicht an das Recht halten und Deutschland nicht verlassen“. Zudem solle es nicht mehr möglich sein, dass Demonstranten Abschiebungen verhindern: „Das lässt sich ein Staat nicht gefallen.“

Magdeburg kündigte an, sich an den Erlass zu halten. „Dieser wird umgesetzt“, sagte Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD). Die Landeshauptstadt hatte sich selbst verpflichtet, Betroffene bei Abschiebungen mit einer Woche Vorlauf über den Termin zu informieren. Nun wird die entsprechende Richtlinie der Landeshauptstadt in diesem Punkt außer Kraft gesetzt und zukünftig gemäß der Erlasslage verfahren. In den vergangenen zwei Jahren hatten in Magdeburg mehrere Abschiebungen für heftige Diskussionen gesorgt. Wiederholt wurden Ausweisungen von Abschiebegegnern blockiert. Es kam auch zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.