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Marode Brücken Leise rieselt der Beton

Ein Dutzend Brücken in Landeshand sind marode. Das Geld im Verkehrsetat reicht jedoch nicht für die Sanierung.

Von Jens Schmidt 22.09.2015, 01:01

Magdeburg l Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) beziffert den Sanierungsstau bei Landesstraßen und Landesbrücken auf 460 Millionen Euro. Im Landeshaushalt stehen jährlich etwa 50 bis 60 Millionen Euro für Bau und Reparatur zur Verfügung. „Tatsächlich brauchen wir aber jedes Jahr 90 Millionen“, sagt Webel der Volksstimme. „Andernfalls wird sich der Substanzverzehr schleichend fortsetzen.“

„Bei einem Dutzend Brücken im Landesstraßennetz gibt es derzeit schon Tempo- und Lastbeschränkungen oder gar Sperrungen“, berichtet Uwe Langkammer, Präsident der Landesstraßenbaubehörde. Hinzu kommen einige Problemfälle bei den Bundesstraßen: Dort befinden sich 22 in ungenügendem Zustand. „Note 6 bedeutet zwar nicht nicht, dass die Brücke morgen zusammenfällt“, sagt Langkammer, „allerdings muss in nächster Zeit etwas passieren, da andernfalls erhebliche Schäden entstehen können.“ Oft geht es um defekte Dichtungen oder Risse im Fahrbahnbelag.

In Sachsen-Anhalt gibt es gut 1600 Bundesstraßen-Brücken sowie etwa 3000 Brücken in Landeshoheit. Hinzu kommen Tausende Bauwerke in kommunaler Hand. Auch da ist der Investitionsbedarf hoch. So ist der Strombrückenzug über die Elbe in Magdeburg ein Problemfall: Seit einigen Jahren sind auf der wichtigen innerstädtischen Querung Fahrspuren gesperrt. Eine neue Brücke soll bis 2019 entstehen.

Die gravierendsten Fälle in Sachsen-Anhalt:

Bundesstraße 1 bei Hohenseeden (zwischen Burg und Genthin): Das Land hofft, dass die Brücke 2016 abgerissen werden kann. Das arg mitgenommene Bauwerk führt über eine mittlerweile stillgelegte Bahnlinie.

Bundesstraße 1 bei Burg: Die Brücke führt über eine Anschlussbahn. Möglichst 2017/18 soll sie durch einen Neubau ersetzt werden.

Landesstraße 20 Gardelegen-Klötze: Die Brücke über den Flötgraben ist unter ständiger Beobachtung. Ein schon genehmigter Neubau scheiterte an der Insolvenz der Baufirma. Nun erfolgt eine neue Ausschreibung, Geplanter Baustart: Frühjahr 2016. Die Landesstraßenbaubehörde hofft, dass das Bauwerk den Winter übersteht.

Welbsleben (Mansfeld-Südharz): Die Brücke wurde nach einer Prüfung voll gesperrt. Im Juli wurde daneben ein Provisorium errichtet. Ein Neubau ist für Frühjahr 2016 geplant.

Zeitz (Burgenlandkreis): Die Mühlgrabenbrücke ist gesperrt und muss neu gebaut werden.

Neugattersleben (Salzlandkreis): Die Bodebrücke trägt keine Volllast mehr und ist deshalb nur noch einspurig mit Ampelanlage befahrbar.

Die Grünen fordern, deutlich mehr Geld in den Erhalt statt in den Neubau von Straßen und Brücken zu stecken. Die Bundestagsfraktion hatte sich durch eine parlamentarische Anfrage einen Überblick über den Zustand aller Bundesstraßen-Brücken verschafft. In Sachsen-Anhalt sind nur fünf Prozent aller Brückenflächen in einem guten oder sehr guten Zustand. Der Anteil ist in den letzten Jahren gesunken.

Bei den Landesstraßen hat es Sachsen-Anhalt selber in der Hand, diese zügig reparieren zu lassen. Doch ausreichend Geld konnte Webel bislang im Kabinett nicht herausholen. Die Koalitonsfraktionen CDU und SPD haben in den gerade laufenden Etatverhandlungen immerhin 12 Millionen Euro für den Landesstraßenbau draufgelegt – allerdings verteilt auf die vier Jahre 2015 bis 2017. Für dieses Jahr liegen nun knapp 61 Millionen Euro im Topf, 2016 aber nur 50 Millionen Euro. Von Webels 90-Millionen-Euro-Ziel ist das aber noch weit entfernt.

Immerhin hätten sich die Geld-Ansätze für Landesbrücken zwischen 2008 und 2011 verdoppelt, meint CDU-Verkehrspolitiker Frank Scheurell. „Grundsätzlich gilt aber auch hier, dass öffentliche Mittel knapp sind.“ Keinesfalls dürften Umschichtungen zu Lasten von bereits beschlossenen Umfahrungen oder den Autobahn-Neubauten A 14 und A 143 vorgenommen werden. Da sind sich CDU und SPD einig. „Da darf es keine Abstriche geben“, sagt Verkehrspolitiker Holger Hövelmann.