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Bei Herzinfarkt Altmärker landen oft in falschen Kliniken

Jeder vierte Patient muss in ein anderes Krankenhaus weiterverlegt werden. Alarmierung des Rettungsdienstes dauert zu lange.

30.09.2015, 19:22

Halle l Es ist eine gute Nachricht für die Sachsen-Anhalter: Die Wahrscheinlichkeit, an einem Herzinfarkt zu sterben, ist in den vergangenen Jahren gesunken. Nach Angaben der Deutschen Herzstiftung sterben pro 100 000 Einwohner nur noch 103. Doch es gibt auch eine schlechte Nachricht: Die Sachsen-Anhalter nehmen gemeinsam mit Brandenburg weiter die „Spitzenposition“ ein. Die Sterblichkeit ist hierzulande 38 Prozent höher als bundesweit.

Forscher der Unikliniken in Halle und Magdeburg untersuchen seit zwei Jahren, warum das so ist. Am Mittwoch haben sie erste Ergebnisse für die Modellregionen Halle und Altmark (Landkreis Stendal und Altmarkkreis Salzwedel) präsentiert. Ein Problem: Bis zur Alarmierung des Rettungsdienstes vergeht in Sachsen-Anhalt im Durchschnitt mehr als eine Stunde. „Das ist zu lange“, sagte der Leiter der regionalen Herzinfarktstudie, Wilfried Mau. Bei der Behandlung eines Herzinfarktes seien die ersten zwei bis drei Stunden entscheidend. Die Bevölkerung müsse durch mehr Aufklärung dafür sensibilisiert werden, forderte Mau.

Besonders in der Altmark kristallisiert sich jedoch noch ein zweites Problem heraus. Herzinfarktpatienten landen zu oft in Kliniken, die nicht die nötige Behandlung leisten können. Jeder Vierte muss in eine Klinik mit einem Linksherzkatheter weiterverlegt werden, wo die verengten Gefäße geweitet werden können. „Dabei geht wertvolle Zeit verloren“, sagte Mau.

Ursache könnte der schlechte Informationsfluss zwischen Notärzten und Krankenhäusern sein. „Einige Ärzte verfügen nicht über die erforderliche Ortskenntnis, um zu entscheiden, ob das nächstgelegene Krankenhaus auch das Beste für den Patienten ist“, sagte Bernt-Peter Robra von der Uniklink Magdeburg. Alle Krankenhäuser mit entsprechenden Katheterplätzen auszurüsten, sei zu teuer, sagte er. In den nächsten Monaten solle analysiert werden, wie sich das Verlegungsproblem beheben lässt, so Robra.

Erstaunlich: Trotz dieser Defizite sterben in der Altmark nicht mehr Menschen an einem Herzinfarkt als beispielsweise in Halle, wo die Versorgung besser funktioniert. „Man kann also bedenkenlos in die Altmark ziehen“, sagte Robra mit einem Lächeln.

Insgesamt untersuchten die Mediziner in den beiden Regionen in den vergangenen zwei Jahren bisher 1642 tödliche und überlebte Herzinfarkte. Das neu angelegte Register soll nun Ansätze für Verbesserungen liefern.

Einige Risikofaktoren haben die Exerten schon ausgemacht. 83 Prozent der Patienten litten an Bluthochdruck, 44 Prozent an einem zu hohen Cholesterinspiegel. 41 Prozent der Männer und 20 Prozent der Frauen waren Raucher, mehr als ein Drittel der Patienten Diabetiker. Gesundheitsminister Norbert Bischoff (SPD) fordert mehr Aufklärung und Prävention – am besten schon in Schulen. „Kinder sind aufgeschlossener als Erwachsene.“