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Integrationspreis Flüchtlingshelfer auf Facebook

Das Projekt „Unser Harz bleibt bunt“ hat den Landes-Integrationspreis erhalten. Die Mitglieder organisieren sich über Facebook.

Von Elisa Sowieja 13.11.2015, 00:01

Wendefurth l Vier Monate ist es her, da gründete eine junge Harzerin namens Lena Mehlan eine Facebook-Gruppe für Flüchtlingshelfer. Während in einer anderen Gruppe gegen das Asylbewerberheim in Wendefurth gehetzt wurde, wollte sie dazu beitragen, dass sich die Menschen dort schnell einleben. Aus der Ein-Mann-Aktion im Internet entwickelte sich binnen weniger Tage ein Netzwerk Hunderter Freiwilliger. Inzwischen zählt die Gruppe „Der Harz bleibt bunt“ 680 Mitglieder. Jetzt ist das Projekt mit dem Landes-Integrationspreis geehrt worden. Zur Urkunde dazu gab‘s 1000 Euro.

„Das Geld können wir super für unseren Unterricht gebrauchen, vor allem für Stifte und Papier“, erzählt Madeleine Cajus, die den Preis mit zwei weiteren Mitgliedern entgegennahm. Die 24-Jährige war eine der ersten, die in der Wendefurther Außenstelle der Zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge (Zast) Deutsch-Stunden gaben. Dabei hat sie mit dem Lehrersein sonst nichts am Hut: „Von Beruf bin ich Altenpflegerin.“ Trotzdem folgte sie einem Aufruf auf der Facebook-Seite. Dort schrieb sie in den ersten Wochen auch ihre Erfahrungen auf – als Hilfe für andere Laien-Lehrer.

Insgesamt drei Deutsch-Stunden pro Woche stellen die Mitglieder auf die Beine. In der Gruppe wird aber nicht nur Unterricht organisiert. Die Harzer koordinieren auch Kleiderspenden. Ein Beispiel: Ein Mitglied hört von der Heimleitung, dass Winterjacken knapp sind. Dann postet derjenige ein Gesuch auf der Seite; Spender schreiben, was wo bereitliegt, und meist findet sich auch jemand, der die Jacken bei allen abholt und ins Heim fährt.

Außerdem organisiert die lose Gruppe Ausflüge – so wie neulich, als der Halberstädter Tiergarten-Chef in sein Reich eingeladen hatte: Einer formulierte einen Aushang für die umliegenden Flüchtlingsheime, ein anderer ließ ihn von einem Freund ins Arabische übersetzen, die nächsten verteilten die Zettel, wieder andere meldeten sich als Autofahrer.

Selbst bei Wünschen einzelner Flüchtlinge hilft die Gruppe weiter – dann etwa, wenn jemand um Begleitung zum Arzt oder zu einer Behörde bittet.

Von den 650 Mitgliedern gehören rund 30 zum harten Kern. Dass die Gruppe so schnell gewachsen ist, liegt daran, dass die Gründerin damals nicht nur ihren Facebook-Freunden Einladungen schickte, sondern auch denjenigen, die das Wendefurther Heim auf der Hetz-Seite in Kommentaren verteidigten.

Aktuell bereitet sich „Unser Harz bleibt bunt“ auf ein neues Großprojekt vor: Wenn ab nächstem Jahr Flüchtlinge dauerhaft nach Wernigerode kommen, soll dort genauso geholfen werden wie in Wendefurth. Dafür trifft sich ein Team schon jetzt jede Woche.

Auf die Frage, warum sie ihre Freizeit in „Unser Harz bleibt bunt“ steckt, hat Madlen Cajus gleich mehrere Antworten parat: „Es macht Spaß und es ist sinnvoll. Außerdem denke ich: Wenn Integration gelingen soll, dann müssen wir etwas an der Basis tun.“