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Sachsen-Anhalt Drohnen-Gesetz im Anflug

Immer mehr Drohnen machen den Luftraum unsicher. Anfang 2016 soll ein Führerschein eingeführt werden. Die Polizei hat bislang keine Drohne.

Von Matthias Fricke 21.11.2015, 00:01

Magdeburg l Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat kürzlich angekündigt, die Nutzung von Drohnen neu regeln zu wollen. „Kollisionen und Abstürze drohen“, sagt er. Privatanwender sollen zukünftig ihre Drohnen nicht höher als 100 Meter steigen lassen dürfen. Über Gebieten wie Wohnsiedlungen oder Unglücks­orten soll der Gebrauch verboten werden. Außerdem wird eine Kennzeichnungspflicht aller Drohnen ab 500 Gramm Gewicht vorgeschrieben. Gewerbliche Anwender müssen sogar einen Führerschein machen. Über Zeitpunkt des Inkrafttretens der Drohnen-Verordnung schweigt Dobrindt bislang.

„Das wird bis März  2016 passieren“, weiß Olaf Kreutzmann, Luftverkehrsreferent im Verkehrsministerium von Sachsen-Anhalt. Es gehe dem Bundesminister um eine schnelle Regelung. Dobrindt kündigte ausdrücklich eine „Prüfung in Luftrecht“ an. Wer genau diese Drohnen-Führerschein-Schulung übernehmen soll, stehe noch nicht fest, so der Referent.  „Die Abnahme erfolgt aber in jedem Fall  von einer Behörde“.

Einheitliche Nummernschilder zur Kennzeichnung seien nicht vorgesehen. „Da genügen die von der Industrie an den Fluggeräten vorgefertigten Identifikationsnummern“, sagt Kreutzmann. Bislang müssen gewerbliche Drohnenpiloten ihre Fluggeräte lediglich vor einem Experten des Landesverwaltungsamtes vorführen. Dann bekommen sie eine zweijährige Lizenz. „Diese Anmeldungen haben stark zugenommen“, berichtet Simone Hoffmann vom Landesverwaltungsamt. 96 waren es 2014, 2015 gibt es bereits knapp über 200 Anmeldungen.

Die für 2016 vorgeschriebene einheitliche Kennzeichnung sei schwierig. „Ständig  kommen neue Geräte auf den Markt. Und Eigenbau-Drohnen gibt es ja auch“, sagt sie.  Manche Fluggeräte spionieren sogar. Beim Landeskriminalamt (LKA) sind  aktuell 20 Fälle aktenkundig, bei denen sich Nachbarn wegen Drohnen-Überflüge angezeigt haben. Tendenz steigend. „Zwei Drittel dieser Fälle wurden 2015 angezeigt“, so LKA-Sprecher Andreas von Koß. Er befürchtet, dass zunehmend auch Kriminelle die Fluggeräte einsetzen.

So wie Anfang 2015, als Drohnen über Gefängnismauern hinweg Häftlinge in der JVA Halle mit Telefonkarten versorgten. Im April wurden dort extra Drohnen-Tracker zur Abwehr installiert. Die Polizei selbst hat in Sachsen-Anhalt bislang noch keine einzige Drohne im Einsatz – etwa bei der Spurensuche an Tatorten.  Nach Volksstimme-Informationen wurde ein Antrag des LKA zum Erwerb einer Drohne in diesem Jahr vom Innenministerium abgelehnt. Begründung: Man wolle erst  die Ergebnisse entsprechender Pilotprojekte in anderen Bundesländern abwarten. 1400 Euro hat die Kamera-Drohne von Hanns-Georg Unger gekostet. Eine zweite Drohne Marke Eigenbau hat er noch im Kofferraum. Der freiberufliche Kameramann arbeitet vor allem für den MDR, ist häufig bei Unfällen und Bränden vor Ort. „Drei- bis viermal monatlich mache ich Luftbilder, weil sich das inhaltlich anbietet“, erzählt er.

Dabei achtet er darauf, Unfälle oder Brände aus sicherem Abstand und nur von der Seite aus aufzunehmen. Der Überflug von Unglücksorten ist auch nach geltendem Recht verboten. Zukünftig soll ein Überflugverbot generell auf Einsatzgebiete der Polizei ausgedehnt werden. „Es wäre nicht gut, wenn das auf Kosten der Pressefreiheit geht“, sagt er. Er sei allerdings grundsätzlich dafür, Privatanwender in der Drohnennutzung einzuschränken. Unger erzählt, er sei bereits mehrfach von der Feuerwehr und der Polizei um Filmmaterial mit Luftaufnahmen gebeten worden, weil diese Einsatzkräfte selbst keine Drohnen haben. „Da geht es dann zum Beispiel um die Brandherdermittlung“, sagt er.

„Die Polizei könnte den Blick aus der Vogelperspektive gut gebrauchen“, sagt Hanno Schulz vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Nicht immer ist der Einsatz eines bemannten Hubschraubers nötig. „Zumindest für die Tatortgruppe des LKA und im Technischen Polizeiamt würde eine Drohne auch aus Kostengründen Sinn machen“, sagt er. In Berlin werden sie für die Tatortarbeit eingesetzt, in Hessen begleiten sie Einsätze der Spezialeinsatzkommandos. Auch Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen testen Geräte.

Sachsen-Anhalt wartet noch ab. „Wir verfolgen die Entwicklung in den anderen Bundesländern sehr aufmerksam. Als Ersatz für Hubschrauber kommen Drohnen aber nicht in Betracht, als taktische Ergänzung aber schon“, so eine Sprecherin des Innenministeriums.

Drohnen werden zukünftig wohl eher mehr als weniger am Himmel herumschwirren. Die vom Bundesverkehrsministerium veröffentlichte Neuregelung sieht zum Beispiel vor, dass die Landesbehörden künftig auch Flüge außerhalb der Sichtweite des Steuerers erlauben dürfen. Bisher war das grundsätzlich verboten. Sören Kahle ist einer von acht Fluglehrern für Ultraleichtflugzeuge im Magdeburger Flugsportzentrum Mitteldeutschland. „Es gab über dem Rotehornpark in Magdeburg schon Beinahzusammenstöße von Ultraleichtfliegern mit Drohnen. Dort fliegen wir in 300 Metern Höhe“, erzählt er. Sogar nachts seien Drohnen dort unterwegs.

Kahle findet es richtig, gewerbliche Drohnenführer besser auszubilden. „Ich kann mir das gut in den Bereichen Luftrecht, Flugfunk und Meteorologie vorstellen“, sagt er. Der Lehrer schätzt, dass eine Schulung deutlich weniger als 1000 Euro kosten würde. Die Führerschein-Ausbildung könnten die entsprechenden Fachverbände organisieren.