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Finzelberg-Prozess Aufklärung zieht sich hin

Immer wieder verweigern Zeugen die Aussage im Korruptionsprozess um den Ex-Landrat des Jerichower Landes.

06.01.2016, 23:01

Magdeburg l Lothar Finzelberg sitzt gelassen auf der Anklagebank. Er scherzt mit seinem Verteidiger, von Anspannung ist vor dem achten Prozesstag am Dienstag keine Spur zu sehen. Es scheint, als setze ihm der Korruptionsprozess um den Müllskandal nicht zu.

Anfang Dezember war das noch anders gewesen. Als der Kronzeuge Uwe S. den Ex-Landrat schwer belastete und zugab, Finzelberg mit Zehntausenden Euro bestochen zu haben, rutschte Finzelberg auf der Anklagebank nervös umher. Die Wut auf Uwe S. stand ihm damals deutlich ins Gesicht geschrieben. Mehrfach schüttelte er verärgert den Kopf. Finzelberg bestreitet die Vorwürfe bis heute vehement.

Drei Tage lang hatte der Kronzeuge vor dem Landgericht Magdeburg Rede und Antwort gestanden. Seine Aussage war spektakulär: Er sprach von Geldübergaben im Auto, auf einem Hochsitz im Wald, in Finzelbergs Wohnhaus. Doch seitdem verläuft der Prozess schleppend. Das Gericht lädt weiter Zeuge um Zeuge vor. Doch die Aufklärung der Frage, ob im Müllskandal tatsächlich Bestechungsgelder geflossen sind und Finzelberg stärker darin verstrickt ist, als er es glauben machen will, ist mühsam.

Regelmäßig verweigern Zeugen aus dem Umfeld der Tongrubenbetreiber die Aussage, weil die Staatsanwaltschaft auch gegen sie ermittelt und sie sich nicht selbst belasten wollen. Andere können sich an die zum Teil mehr als zehn Jahre zurückliegenden Vorgänge nicht mehr erinnern. Das macht es für die Staatsanwaltschaft schwer, jede einzelne Bestechungstat nachzuweisen.

Die drei Angeklagten schweigen bisher zu den Vorwürfen. Doch hin und wieder lässt es sich Finzelberg nicht nehmen, Zeugen selbst zu befragen. Am Dienstag setzte er sich intensiv mit Helmut Unger auseinander. Der 66-Jährige stand jahrelang an der Spitze einer Bürgerinitiative, die schon frühzeitig auf möglicherweise illegale Machenschaften und die „extreme Geruchsbelästigung“ um die Tongruben hingewiesen hat.

„Alle staatlichen Einrichtungen haben von Anfang an versucht, das Ding unter der Decke zu halten“, sagte Unger ungehalten. Jahrelang habe er kritisiert, dass der Landkreis nicht tätig geworden sei.

In solchen Momenten ist es bei Finzelberg mit der Gelassenheit vorbei. „Ist Ihnen die Rechtslage heute klar?“, fragte er Unger energisch. Als dieser sagte, das Landesbergamt sei zuständig gewesen für die Tongruben, lehnte sich Finzelberg wieder entspannt zurück. Das war die Antwort, die er hören wollte. Finzelberg sieht die Verantwortung für den Müllskandal beim Land: Denn es war das Bergamt, dass die Genehmigungen für die Gruben erteilt hatte.

Dieser Aspekt wird in den kommenden Monaten wohl noch häufiger eine Rolle spielen. Formal erteilte zwar das Bergamt die Genehmigungen – doch im Vorfeld gab Finzelbergs Landratsamt mehrere Stellungnahmen dafür ab. Und diese soll der damalige Landrat laut Anklage zugunsten der Betreiber beeinflusst haben.

Aus früheren Prozessen ist bekannt, dass die positiven Stellungnahmen im Landratsamt umstritten waren. Angesichts zu hoher Werte in den Gruben fragten Mitarbeiter ihre Vorgesetzten, ob man dem Gesetz oder dem Landrat folgen solle. Die Sachgebietsleiterin der Abfallbehörde folgte letztlich den Weisungen Finzelbergs, die zugunsten der Betreiber erfolgt sein sollen. Vor Gericht sagte sie einmal: „Ich bin ein ängstlicher Mensch und habe nie ein Veto eingelegt.“