1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Falsche Polizisten rauben Luxuslimousine

Prozessbeginn Falsche Polizisten rauben Luxuslimousine

Lastwagen, Werkzeug und vor allem teure Autos hatten die Diebe im Visier. Festgenommen wurden die Täter schließlich im Gerichtssaal.

Von Wolfgang Biermann 08.01.2016, 11:33

Stendal l Besonders schwerer Raub und weitere Straftaten in vier Tatkomplexen werden vier Männern im Alter von 23 bis 37 Jahren vorgeworfen, deren Prozess am Freitag vor dem Landgericht in Stendal beginnt. Die näheren Umstände der Gaunereien lassen sich ohne Übertreibung als filmreif bezeichnen.

In wechselnder Tatbeteiligung sollen die vier an drei Raubzügen und einem schweren Diebstahl beteiligt gewesen sein, die überwiegend das Ziel verfolgen, hochwertige Luxusautos zu erbeuten. Zwei von ihnen kommen aus der Region Tangerhütte im Landkreis Stendal, einer stammt aus dem Landkreis Börde und der vierte ist gebürtiger Litauer. Die erste Tat, die den Angeklagten jetzt vorgeworfen wird, hatte sich am 2. Mai 2014 ereignet.

Von einem Firmengelände in einem Stendaler Gewerbegebiet und in einem anderen Ortsteil der Hansestadt sollen die vier Männer insgesamt sechs Lastwagen und diverses Werkzeug im Gesamtwert von 200.000 Euro entweder gestohlen oder zumindest als Hehler das Diebesgut weitergereicht haben.

Mit Hilfe eines Elektroschockers wurde zwei Wochen später am 16. Mai 2014 einem Mann in Stendal ein 50.000 Euro teurer Audi A 7 geraubt. Am 11. Juni des gleichen Jahres sollen die Täter von einem anderen Autofahrer auf der A 2 bei Magdeburg einen hochwertigen Audi S 3 aus Ingolstadt erbeutet haben. Der Mann war zuvor von den mutmaßlichen Tätern – getarnt als falsche Polizisten in Zivil – angehalten worden. Dazu benutzten sie eine Polizeikelle und den in Stendal geraubten A 7, der mit einem aufsetzbaren Blaulicht ausgestattet war.

Den Audi A 7 sollen die Täter am 12. Juni auf dem ehemaligen Militärflugplatz in Mahlwinkel (Landkreis Börde) in Brand gesetzt haben, offenbar um Spuren zu verwischen. Am Abend des 6. September 2014 überfielen die Täter einen 73-Jährigen in Magdeburg-Ottersleben in seiner Wohnung. Der Mann wurde überwältigt und brutal geschlagen. Die Täter verlangten vom dem Rentner die Herausgabe des Fahrzeugschlüssels seines 7er BMW. Die Wohnung des Rentners sei zudem verwüstet worden, so lautet einer der Vorwürfe.

Ein besonders dreister Diebstahl stand am Ende der Gaunereien des Quartetts. Am 24. November 2014 waren alle vier Männer im Amtsgericht Stendal zu einem Verfahren geladen, in dem es um eine Schlägerei ging. Zwei Männer saßen auf der Anklagebank, zwei saßen als Zeugen auf dem Flur vor dem Gerichtssaal. Diese beiden nutzten offenbar die Gelegenheit und stahlen aus einem unverschlossenen Gerichtsbüro ein Dienstsiegel sowie diverse Stempel und Dokumente – möglicherweise, um Fahrzeugpapiere zu fälschen. Doch die Aktion misslang, der Diebstahl wurde schnell bemerkt. Die beiden Männer wurden noch auf dem Parkplatz des Amtsgerichtes zur Rede gestellt.

Festgenommen wurden alle vier Männer wenig später direkt im Gerichtssaal im Rahmen einer spektakulären Polizeiaktion, an der fast ein dutzend Sicherheitskräfte beteiligt waren. Diese Festnahme war länger geplant und stand – so war im Gericht zu erfahren – in keinem Zusammenhang mit dem Dienstsiegeldiebstahl, der am gleichen Tag stattfand.

Kurz: Die vier Männer waren an diesem 24. November in einem Gerichtsverfahren zweimal angeklagt und zweimal Zeuge, bestahlen zwischendurch das Gericht und wurden – unabhängig davon – von einem Sondereinsatzkommando festgenommen.

34 Verhandlungstage mit zahlreichen Zeugen hat das Landgericht Stendal für den Prozess angesetzt. Den Angeklagten drohen mehrjährige Haftstrafen.