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Polizei Stahlknecht pocht auf Hilfspolizisten

Die ersten 20 Stellen für 200 Hilfspolizisten zur Bewachung von Flüchtlingsheimen sollen in Kürze ausgeschrieben werden. Doch es gibt Ärger.

Von Matthias Fricke 24.01.2016, 00:01

Magdeburg l Weil es mindestens zweieinhalb Jahre dauert, bis ein Polizeibeamter voll ausgebildet zur Verfügung steht, plant Innenminister Holger Stahlknecht eine Hilfspolizei im Angestellten- verhältnis zum Schutz der Flüchtlingsheime. Damit will er die dort eingesetzten ausgebildeten Beamten für andere Aufgaben freisetzen.

Doch weil es in der Koalition bisher keinen gemeinsamen Nenner für eine Wachpolizei zum Objektschutz gibt, will der Innenminister die neue Truppe nun per Verordnung zügig im Alleingang aufstellen.

Er beruft sich auf Paragraf 83 des Polizeigesetzes des Landes. Danach kann das Innenministerium zur Unterstützung „in Notfällen“ Hilfspolizisten einberufen. Allerdings laut Polizeigesetz nur bei „Naturereignissen, Seuchen, Bränden, Explosionen, Unfällen und ähnlichen Vorkommnissen“. Letzteres ist für Stahlknecht entscheidend.

In einer Rechstprüfung des Justizministeriums, die der Volksstimme vorliegt, heißt es aber: „Somit müsste ein Notfall vorliegen. Darunter kann in diesem Zusammenhang nur die Personalnot verstanden werden. Der Notfall müsste aber gemäß Paragraf 83 Absatz 1, durch Naturereignisse, Seuchen, Brände, Explosionen Unfälle oder ähnliche Vorkommnisse verursacht worden sein.“ Personalnot sei keine Naturkatastrophe, heißt es in der Stellungnahme.

Diese dient dem Ministerium nur als Hinweis. Justizsprecherin Ute Albersmann: „Wir haben aber kein Vetorecht.“ Auch der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages ist nach einer Anfrage des SPD-Innenexperten Rüdiger Erben der Auffassung: „Die erhöhte Arbeitsbelastung der Polizei im Zusammenhang mit der Ankunft von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Sachsen-Anhalt selbst ist kein Vorkommnis im oben genannten Sinne.“

Stahlknecht damit konfrontiert, sagt: „Die Stellungnahme zielt auf den ersten Entwurf der Verordnung ab. Wir haben diesen aber schon überarbeitet.“ Die neue Verordnung liege nun mit neuen Formulierungen dem Justizministerium bereits zur neuen Bewertung vor. Am Grundprinzip habe sich aber nichts geändert.

Der Jurist Stahlknecht ist sich dennoch sicher, dass er mit seiner Auffassung im Recht ist. Eine zur Prüfung beauftragte „renommierte Anwaltskanzlei“ habe ihn in seinem Standpunkt auch bestätigt. „Und da ist sogar ein ehemaliger Landesverfassungsrichter dabei“, sagt er.

Er bleibt deshalb dabei: „Wir werden die 200 Hilfspolizisten bis zum Ende des Jahres zur Verfügung haben. Die Personaldecke ist so dünn, dass wir mit dem vorhandenen Beamten nicht mehr hinreichend in der Lage sind, die Asylunterkünfte zu schützen.“ Das dürfe deshalb keine Spielwiese für politische Fingerhakeleien sein. SPD-Innenexperte Rüdiger Erben hält dagegen: „Einmal abgesehen von den rechtlichen Bedenken wollen wir keine schlecht bezahlte Hilfspolizisten. Was Stahlknecht da vor hat ist Unsinn.“ Erbens Fraktion hatte sich für eine Wachpolizei im Beamtenstatus ausgesprochen. Für die CDU war das aber keine Option. Sie will eine Wachpolizei im Angestelltentarif.

Uwe Petermann von der Gewerkschaft der Polizei warnt: „Die Polizei muss viel dringender von nichtpolizeilichen Aufgaben befreit werden, als dass wir nur ein paar Hilfspolizisten bekommen. Es darf erst Recht nicht dem Bürger vorgegaukelt werden, dass das Polizisten sind. Wo Polizei in Uniform auftritt, muss auch welche drin sein.“

Sein Kollege, Wolfgang Ladebeck, von der Deutschen Polizeigewerkschaft: „Es wird mit uns keine Billigpolizei geben. Besser wäre es, wenn ersteinmal Tarifbeschäftigte in der Verwaltung eingesetzt werden, die dort eingesetzte Vollzugsbeamte freisetzen. Wir brauchen keine Polizisten am Schreibtisch.“ Die Hilfspolizisten sollen die gleiche Uniformen tragen, wie ihre verbeamteten Kollegen und mit Handschellen, Pfefferspray und einen Schlagstock ausgerüstet sein. Eine Schusswaffe bekommen sie entgegen bisheriger Ankündigungen nicht.

„Wir behalten uns aber vor, in besonders gefährdeten Objekten vereinzelt Hilfspolizisten zu bewaffnen. Das auch nur, wenn die Personen sich als dazu charakterlich geeignet erweisen und nicht erst nach drei Monaten“, so Stahlknecht.

Von ihrem Original unterscheiden sie sich übrigens nur an den Schulterstücken. Dafür ist die Vergütung anders. So erhalten die Bewerber während der zwölfwöchigen Ausbildung die trarifliche Entgeltgruppe 3 (etwa 1300 Euro netto) und anschließend die 5 (etwa 1400 Euro netto). Zugangsvoraussetzungen sind unter anderem ein Realschulabschluss und keine Vorstrafen.

Die Ausschreibung für die ersten 20 Stellen sollen im Februar starten, so dass spätestens Anfang Mai der erste Lehrgang beginnen kann. Das Kabinett habe bereits das Finanzministerium beauftragt, das Geld für 180 weitere Hilfspolizisten im Haushalt einzustellen, so Stahlknecht.