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Prozess 220 000 Dollar ergaunert

In einem Zivilprozess in Magdeburg hat ein neuseeländischer Fischhandel 220 000 US-Dollar zurückverlangt, die von Hackern ergaunert wurden.

Von Matthias Fricke 19.02.2016, 00:01

Magdeburg l Das Zivilverfahren, über das Richter Thomas Kluger am Magdeburger Landgericht am Donnerstag zu entscheiden hatte, gehört zu den ungewöhnlicheren. Obwohl das Urteil am Ende für ihn einfach war: Der beklagte Magdeburger kam erst gar nicht, und so muss er nun auch die geforderten 220 000 US-Dollar nebst Zinsen zurückzahlen. Das Geld stammte aus einer „ungerechtfertigten Bereicherung“. Doch wie kam der 52-Jährige an das offensichtlich ergaunerte Geld vom anderen Ende der Erde? In der Firma United Fisheries Ltd. in Christchurch an der Ostküste von Neuseeland geht im Dezember 2014 eine E-Mail von einem Fischmakler ein.

Die Fischhandelsfirma, die zehntgrößte auf der Insel, kauft und verkauft Fisch in Massen in der ganzen Welt. Das übernehmen Makler, die für Kunden kaufen und verkaufen. Sie schicken dem Fischhandel dann entsprechend die Rechnungen mit den Kontodaten der Käufer oder Verkäufer.

Der Magdeburger, so der Verdacht von Rechtsanwalt Dr. Ulf Stoltenberg, hackte ganz offensichtlich eine dieser Mails des Maklers und trug darin eine Kontoverbindung in Magdeburg ein. Weil die Kunden des Fischereihandels in der ganzen Welt verteilt sind, wunderte sich in Neuseeland zunächst niemand über das Konto in Magdeburg.

Allerdings meldete sich nach drei Tagen der echte Makler und fragte, wo das Geld für seinen Kunden bliebe. Da flog der Schwindel auf. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte der 52-jährige Magdeburger, der inzwischen in der Ukraine wohnen soll, bereits 152 000 Euro von einem ehemaligen Geschäftskonto einer Magdeburger Bank auf sein Privatkonto überwiesen. Der Rest blieb auf dem Geschäftskonto seiner ehemaligen Firma, die es schon seit 2012 nicht mehr gibt.

Der Hamburger Anwalt Stoltenberg bescheinigt den Behörden und der Bank aber schnelles Handeln. Die Konten konnten schnell eingefroren werden. „Wir glauben, dass wir einen Großteil der Summe zurückbekommen“, sagt er. Mit dem Urteil kann er nun eine Vollstreckung beantragen und die Staatsanwaltschaft zur Rückzahlung auffordern.

Unterdessen muss der 52-Jährige noch mit einer Strafe rechnen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Betruges und des Verdachts der Geldwäsche. Nach Volksstimme-Informationen gab es in der Vergangenheit auf dem Geschäftskonto des Magdeburgers noch weitere ungewöhnliche Ein- und Auszahlungen. So war in der Vergangenheit auch eine Summe in Höhe von 600 000 Euro eingezahlt worden. Woher dieses Geld stammt, ist unklar. Das Landgericht wollte sich gestern dazu nicht äußern. Gerichtssprecher Christian Löffler: „Zum Strafverfahren können wir nicht sagen.“

Andreas von Koß vom Landeskriminalamt: „Solche Fälle auch in abgewandelter Form treten immer wieder auf.“ Fallzahlen würden dazu aber nicht erhoben, sagte er. Bei Unklarheiten des Absenders oder bei Rechnungen sollten E-Mails grundsätzlich telefonisch überprüft werden. Die Polizei empfiehlt außerdem ständige Schulungen im Umgang mit Daten. Viele Firmen sollten prüfen, ob ihre Sicherheitsmaßnahmen auf dem aktuellen Stand sind, so von Koß.