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Innere Sicherheit 90 Bewerber für die Hilfspolizei

Die Polizei kriecht zunehmend auf dem Zahnfleisch. Bis zum Jahresende sollen 200 Hilfspolizisten für Entlastung sorgen.

Von Michael Bock 25.02.2016, 00:01

Magdeburg l Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hält das Personalentwicklungskonzept für die Polizei für gescheitert. „Die Polizei fährt auf Verschleiß“, sagte er am Mittwoch der Volksstimme. „Das Personalkonzept ist hinfällig.“

Hintergrund: Seit Jahren baut die CDU/SPD-Landesregierung Personal bei der Polizei ab. 2008 hatte die Zahl der Polizeivollzugsbeamten noch bei rund 7700 gelegen. Inzwischen sind es knapp 6000. Das Personalkonzept sieht vor, diese Zahl bis zum Jahr 2020 sogar auf 5770 zu senken.

Noch im vorigen Frühjahr hatte es deswegen heftigen Streit in der Regierung gegeben. Stahlknecht wollte damals verhindern, dass die Polizistenzahl unter die Grenze von 6000 sinkt. Doch Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) intervenierte massiv bei Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), welcher den Innenminister zurückpfiff.

Die Stimmungslage hat sich grundlegend geändert. Inzwischen werden parteiübergreifend mehr Polizisten gefordert. Stahlknecht spricht sich für 7000 Polizisten aus, also einen Zuwachs von 1000 Stellen. Dafür müssten jährlich 350 Anwärter eingestellt werden. Schnelle Entspannung ist auf diesem Weg allerdings nicht in Sicht: Denn die Polizeiausbildung dauert normalerweise drei Jahre.

Um die Polizei kurzfristig zu entlasten, will Stahlknecht Hilfspolizisten im Angestelltenverhältnis einstellen. Bislang gebe es 90 Bewerber, bestätigte er gestern. Er werde auf eine gute Qualifikation der Kandidaten achten. Im Mai soll der Lehrgang für die ersten 20 Hilfspolizisten beginnen. Die Ausbildung dauert drei Monate. Zu den Aufgaben der Hilfspolizisten sollen insbesondere die Kontrolle des fließenden Verkehrs (Blitzen), die Begleitung von Schwerlasttransporten und die Bewachung von Flüchtlingsunterkünften gehören. Jedem Hilfspolizisten soll ein erfahrener Polizeikollege an die Seite gestellt werden.

Wer Hilfspolizist werden will, muss mindestens 18 Jahre alt sein, er darf keine Vorstrafen haben und muss zumindest einen Realschul-Abschluss in der Tasche haben. Nach der Ausbildung erhalten die Hilfspolizisten etwa 1400 Euro netto.

Die Hilfspolizisten werden mit Handschellen, Schlagstock und Pfefferspray ausgerüstet. Zunächst wollte Stahlknecht die Hilfspolizisten zu deren Eigensicherung auch mit Schusswaffen ausstatten. Das rief viel Kritik im parlamentarischen Raum, aber auch in der Bevölkerung hervor. Der Minister ruderte schnell zurück.

Die Verträge für die Hilfspolizisten sind auf zwei Jahre begrenzt. Stahlknecht: „Wer sich bewährt, dem wollen wir die Chance geben, nach einer fundierten Ausbildung in den Polizeidienst übernommen zu werden.“

Der Einsatz von Hilfspolizisten ist umstritten. Das Justizministerium hält die entsprechende Verordnung für juristisch angreifbar. Stahlknecht, von Haus aus Jurist, sieht das anders. Kritisiert wird auch, dass der Landtag nicht an der Entscheidung beteiligt wurde. Der Koalitionspartner der CDU, die SPD, nennt Stahlknechts Vorgehen „Unsinn“. Die SPD dringt auf eine Wachpolizei im Beamtenstatus. Die Polizeigewerkschaften warnen vor einer „Billigpolizei“.