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Sexuelle Belästigung Grapschen verboten

Exhibitionismus ist strafbar, nicht aber das unsittliche Begrapschen von Frauen. Sachsen-Anhalts Justizministerin will das ändern.

Von Dörthe Hein 25.02.2016, 23:01

Magdeburg (dpa) l Sachsen-Anhalts Justizministerin Angela Kolb-Janssen (SPD) fordert einen eigenständigen Straftatbestand der sexuellen Belästigung. „Es geht darum, das Grapschen, die sexuelle Beleidigung, diese Anmache, die das Flirten in erheblichem Maße übersteigt, nicht länger zu bagatellisieren“, sagte Kolb-Janssen der Deutschen Presse-Agentur in Magdeburg. „Es ist unerträglich, dass man sich das gefallen lassen muss, weil angeblich eine Erheblichkeits-Schwelle nicht überschritten wird. Das wird diesem Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung nicht gerecht.“

Die Ministerin stimmt zudem mit einer Initiative der Länder Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz überein, die eine stärkere Verschärfung des Sexualstrafrechts vorsieht als in einem Entwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) enthalten. Sie ist am heutigen Freitag Thema im Bundesrat.

„Uns geht es in erster Linie darum, den aus meiner Sicht unhaltbaren Zustand zu beenden, dass viele Vergewaltiger letztlich nicht verurteilt werden können, weil entweder Beweise fehlen oder weil das Gesetz von der Frau bisher eine Gegenwehr verlangt, die sie in der konkreten Situation einfach nicht leisten konnte.“ Das zu ändern sei Ziel der Neufassung entsprechender Teile des Strafgesetzbuchs.

Maas‘ Vorschlag bringe noch nicht den gewünschten Effekt. Bei Sexualdelikten müsse der Grundsatz gelten „Nein heißt Nein“. „Das wird jetzt so konsequent in diesem Gesetzentwurf nicht umgesetzt“, sagte Kolb-Janssen. Männer, die sich nicht an das Nein hielten, sollten aus ihrer Sicht wegen sexueller Belästigung, sexueller Nötigung oder einer Vergewaltigung zur Verantwortung gezogen werden.

Für Sachsen-Anhalt sind laut Kriminalstatistik der Polizei im vergangenen Jahr 1439 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung registriert worden. Das waren 86 Fälle weniger als 2014. Wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung verurteilt wurden 2014 laut Justizministerium 15 Täter, 2013 waren es 29.

Die Schwierigkeit bei den Strafverfahren sei immer, dem Täter die Tat nachzuweisen, sagte die Ministerin. „Es ist eine Straftat, bei der es in der Regel keine Zeugen gibt. Letztlich hängt es davon ab, wem geglaubt wird.“ Auch nach der von Maas geplanten Reform müsste die Frau dem Mann weiter nachweisen, dass er zumindest wusste, dass sie Angst hat oder dass sie in einer Situation ist, wo sie das nicht wollte. Und das wird Frau im Zweifelsfall nicht nachweisen können.“ Viele Frauen überlegten sich dreimal, ob sie sich ein Strafverfahren antun sollten.

Wenn – wie in der Kölner Silvesternacht – mehrere Täter eine Frau belästigen, sollte aus Kolb-Janssens Sicht allein die Beteiligung entscheidend sein. „Da sollte man auf den Einzeltatnachweis verzichten.“ Bei Schlägereien werde das schon so gehandhabt.