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Abwasser-Rechnungen Linke reicht Verfassungsklage ein

Gemeinden in Sachsen-Anhalt haben 85 000 Kanalbau-Rechnungen an Haushalte und Firmen verschickt. Es geht um 500 bis 70 000 Euro.

Von Jens Schmidt 01.03.2016, 16:25

Magdeburg l Mehr als 220 000 Hauseigentümer in Sachsen-Anhalt schauen in den nächsten Monaten nach Dessau: Dort am Landesverfassungsgericht beschäftigen sich die höchsten Richter des Bundeslandes mit der Frage, ob das rückwirkende Abkassieren für Wasser- und Abwasseranlagen verfassungskonform ist oder nicht. Die Landtagsfraktion der Linken reicht eine entsprechende Klage ein. „Wir halten das Gesetz für verfassungswidrig. Es verstößt gegen Belastungsklarheit“, sagte Fraktionschef Wulf Gallert.

2015 wurde den Kommunen und Verbänden gedrängt, für bis zu 25 Jahre zurückliegende Kanalbauten Herstellungsbeiträge zu kassieren. Seit dem 1. Januar 2016 gilt eine zehnjährige Verjährungsfrist. Um Außenstände von bis 100 Millionen Euro einzutreiben, hatte der Landtag mit seiner CDU-SPD-Mehrheit aber eine einjährige Übergangsfrist beschlossen, damit die Verbände doch noch kassieren können. Gut 85000 Bescheide gingen an Familien und Unternehmen. Die Forderungen reichen von etwa 500 bis 70 000 Euro. In zwei Drittel der Fälle geht es um Anlagen, die vor 1997 gebaut wurden.

Sollte Sachsen-Anhalts Abgabengesetz gegen die Landesverfassung verstoßen, müsste eine neuer Landtag handeln. Gallert plädiert dafür, die einjährige Übergangsfrist zu streichen. Wer Widerspruch eingelegt hat (etwa 75 Prozent der Fälle) müsste nichts bezahlen. Ob jene, die gezahlt haben ihr Geld zurückbekommen, könne man nicht versprechen, sagte Gallert.

Die CDU-SPD-Regierung geht einen anderen Weg: Sie will am Montag einen ehemaligen Bundesverfassungsrichter mit einem Gutachten beauftragen. Er soll prüfen, ob die in Sachsen-Anhalt geltenden Regelungen grundgesetzkonform ist.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsrihe hatte 2013 für einen Fall in Bayern und 2015 für einen Fall in Brandenburg entschieden, dass Gemeinden nicht unbegrenzt lange für Straßen- oder Kanalbauten kassieren dürfen.