Sport-Talente Auf der Suche nach Siegern
Fast 300 besonders talentierte Kinder wurden bei den „Sachsen-Anhalt-Spielen“ von Profi-Trainern getestet. Sie kommen aus drei Kreisen.
Magdeburg l Besonders sportliche Talente? Die gibt es in Schönebeck gleich im Doppelpack. Die Zwillinge Adriano und Alejandro wetteifern an der Handball-Station darum, wer in Rekordzeit mehr Bälle in den Ecken des Tores versenkt. „Etwas mit Leichtathletik“, würden sie gern machen, erzählen die beiden Jungs.
Handball – das ist eine von zehn Teststationen, die alle 295 Kinder in drei Sporthallen an der Magdeburger MDCC-Arena heute durchlaufen. In Grüppchen, betreut von Gruppenführern, ziehen sie von Station zu Station.
Handball-Trainer Harry Jahns steht mit der Stoppuhr neben dem Tor. Was macht den Unterschied? „Die einen stoßen, die anderen werfen richtig. Und einige haben schon einen richtig scharfen Wurf drauf“, erzählt er.
So wie SCM-Bundesligaprofi Yves Grafenhorst. Der kommt kurz in der Sporthalle unweit seiner Wirkungsstätte Getec-Arena vorbei, um seinen Neffen Louis aus Westeregeln die Daumen zu drücken. „Der will natürlich auch Handball spielen“, erzählt der Sportler. Bei ihm selbst ging es auch in Westeregeln los mit dem Handball. „Ich habe damals am Schulprogramm ,Jugend trainiert für Olympia‘ teilgenommen“, erzählt er. 1997 wurde es dann ernst für den kleinen Yves - mit der Einschulung ins Sportgymnasium begann seine erfolgreiche Karriere.
Genauso stellt sich der Landessportbund (LSB) von Sachsen-Anhalt das auch für andere olympische Sportarten vor. Nach dem durchwachsenden Abschneiden deutscher Athleten bei den Olympischen Sommerspielen 2012 in London – Deutschland erreichte im Medaillenspiegel Platz 6 – sollte die Talentsuche verbessert werden. „Die fand bis dahin nicht so statt, wie wir uns das vorstellten“, erzählt Frank Löper, Koordinator der „Sachsen-Anhalt-Spiele“ in Magdeburg. Strenge Auflagen des Datenschutzes verhinderten, dass Trainer des LSB im Sportunterricht an den Schulen auf Talentsuche gehen durften. Selbst die Erfassung von Größe und Gewicht der Kinder sei nicht möglich gewesen. Löper: „Kultus- und Innenministerium haben sich dann 2013 mit dem LSB zusammengesetzt und ausgelotet, was gemeinsam unter Einbeziehung der Eltern geändert werden kann.“ Herausgekommen sind die „Sachsen-Anhalt-Spiele“.
Die werden nach 2015 in Halle nun zum zweiten Mal für drei Landkreise veranstaltet. Zukünftig sollen die Talent-Spiele dann für alle Landkreisen stattfinden. Löper: „Es war einfach aus organisatorischen Gründen nicht möglich, die Spiele gleich zu Beginn für allen Landkreisen gleichzeitig anzubieten.“
Denn die Spiele sind keine Einzelveranstaltung, sondern eingebunden in eine Talentsuche im Vorfeld über ein Testprogramm an den Grundschulen und vor allem die Einbindung der Kinder in spezielle Talent-Trainingsgruppen in den Landkreisen im Nachgang der Spiele. Ziel ist es, dass Eltern mit Trainern dann zur Einschulung in die 5. Klasse gemeinsam entscheiden, ob und in welcher Sportart eine Ausbildung an einer Sportschule der richtige Weg für den kleinen Sportler ist.
So wie vielleicht für Lilly Chantal aus Güsten. Das Mädchen zieht die Stange am Kanu-Simulator mit beiden Armen in einer Geschwindigkeit durch, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. „Sie spielt eigentlich Fußball bei Lok Aschersleben“, erzählt Mutti Sandra am Rande auf der Bank. Und bei den Cheerleadern war sie auch schon. Und sie läuft auch regelmäßig.
„Sport ist ihr ein und alles. Das mag sie so sehr, dafür steht sie sogar früh aus dem Bett auf“, erzählt die Mutti schmunzelnd.
Die „Sachsen-Anhalt-Spiele" zur Talentsuche wurden vom Landessportbund zum zweiten Mal veranstaltet. 2015 stand der Süden des Landes im Mittelpunkt. Nun wurden 295 Kinder aus dem Salzlandkreis, dem Altmarkkreis Salzwedel und der Stadt Magdeburg getestet.
Zuvor nahmen zur Vorauswahl insgesamt 3299 Drittklässler an den Grundschulen der drei Kreise an sportmotorischen Tests teil. 184 Kinder wurden aus Magdeburg delegiert, 173 aus dem Salzlandkreis und 88 Kinder reisten aus dem Altmarkkreis an. Ziel ist es, talentierten Kindern eine spezielle Sportausbildung zukommen zu lassen. Ein erster Erfolg ist, dass sich unter den 51 Einschulungen in die 5. Klassen der Sportschulen Halle 2016/17 auch zwölf Kinder der Talentsuche 2015 befinden werden.
