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DDR-Medien Kritische Berichte nicht erwünscht

„Eine Pressezensur findet nicht statt“, hieß es in der DDR-Verfassung. Die Realität war eine andere.

05.05.2016, 23:01

Magdeburg l Die SED verfügte über ein nahezu beispielloses Medienmonopol. Das führt eine kleine neue Ausstellung vom Archiv Bürgerbewegung Leipzig in der Stasi-Unterlagenbehörde in Magdeburg vor Augen.

„Es gab in der DDR von Anfang an eine Gesamtkontrolle des Pressewesens“, sagt Andreas Pausch. Die Ausstellung des Historikers zeigt, wie der Staat jegliche journalistische Arbeit überwachte und die Leitlinien der Berichterstattung vorgab. „In Zeiten, in denen gerade wieder von ‚Lügenpresse‘ oder ‚Systempresse‘ gesprochen wird, ist die Ausstellung hochaktuell. Sie soll den Menschen verdeutlichen, dass das in der Diktatur DDR Realität war – und wir davon heute weit entfernt sind“, sagt Pausch.

Besonders am Beispiel der Tageszeitungen wird der Kontrollwahn sichtbar. Texte zu Politikthemen lieferte die von der SED beaufsichtigte Nachrichtenagentur ADN – da ging nur durch, was der DDR-Führung gefiel. Das Presseamt konnte jederzeit intervenieren, die Chefredakteure waren „in der Regel stramme SED-Mitglieder“, sagt Pausch. Bei der Ausbildung der Journalisten in Leipzig schaute man sehr genau hin. Schon 1950 hatte die SED beschlossen: „Die Kader unserer Journalisten sind von partei- und klassenfremden Elementen zu reinigen.“ Wer nicht linientreu war, wurde aussortiert. „Dass jemand kritisch berichtete, kam nicht vor“, sagt Pausch.

Trotzdem gehörten Zeitungen fest zum DDR-Alltag. 1975 lag die Auflage der 15 Bezirkszeitungen, zu denen auch die Volksstimme gehörte, bei mehr als 4,51 Millionen – in vielen Haushalten gab es dazu mit dem Neuen Deutschland noch ein überregionales Blatt. „Die ersten Seiten mit den politischen Abhandlungen langweilten die Leute. Deswegen wurde damals von hinten gelesen: Lokalteil und Sport zuerst“, sagt Pausch.

Ähnlich groß war die Einflussnahme beim Fernsehen.Durchbrochen wurde das SED-Medienmonopol nur von West-Rundfunk und West-Fernsehen. Doch auch dagegen ging die DDR-Spitze vor. In der Ausstellung ist ein Flugblatt zu sehen, auf dem es in Bezug auf den Sender RIAS heißt: Wer seine „geistige Nahrung“ von RIAS beziehe, „geht daran zugrunde“. Der Sender würde von „imperialistischen Konzernen, Militaristen und Nazis“ bezahlt werden. FDJ-Kommandos zogen umher und rissen die „Ochsenkopfantennen“, mit denen man Westprogramme empfangen konnte, herunter.

In der Ausstellung wird das Ausmaß der Überwachung der Medien in der DDR ersichtlich. Das ist einerseits beklemmend – gleichzeitig liefert die Schau jedoch auch Denkanstöße über die Funktion der Medien in politischen Systemen.

Ausstellung „Rotstift. Medienmacht, Zensur, und Öffentlichkeit in der DDR“, Stasi-Außenstelle Magdeburg (Georg-Kaiser-Straße 7), bis 29. Juli Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr geöffnet