1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Der Promi-Ausstatter aus Magdeburg

Schmuck Der Promi-Ausstatter aus Magdeburg

Francisco Marchant entwirft und fertigt Accessoires für Stars wie Udo Lindenberg, BossHoss und Rival Sons.

17.10.2016, 23:01

Magdeburg l Mitten in der Magdeburger Innenstadt, in einem Hinterhof am Alten Markt, finden sich ab und zu Promis aus der Show- und Musikszene ein – nicht etwa, um Autogramme oder gar ein Konzert zu geben. Nein, Leute wie TV-Moderatorin Sophia Thomalla oder die kalifornische Rockband Rival Sons sind dann privat zugegen und besuchen Francisco Marchant in seiner Designmanufaktur. Sie lassen sich von ihm Ringe, Armbänder und weitere Accessoires individuell anfertigen. Dem 37-Jährigen ist es gelungen, binnen weniger Jahre vom fliegenden Schmuckhändler auf Flohmärkten zum international angesagten Designer aufzusteigen.

Marchant ist gebürtiger Chilene, es war die Liebe, die ihn 2002 aus seiner südamerikanischen Heimat nach Magdeburg lockte. Damals, so erzählt er, kannte er sich mit Schmuck noch gar nicht richtig aus. Marchant hatte in seiner Heimat Architektur studiert, im bürokratischen Deutschland wurde ihm sein Studienabschluss jedoch nicht anerkannt. Darüber ärgert er sich allerdings schon längst nicht mehr.

Er begann, sich für die Herstellung von Schmuck zu interessieren – und bildete sich auf eigene Faust weiter. „Ich habe mir Fachbücher gekauft und Youtube-Videos geschaut“, erzählt er. „Außerdem habe ich mich mit einem Goldschmied angefreundet, der mir einiges beibringen konnte.“ Anfangs beschränkte er sich auf den Handel mit Schmuck. „Ich bin von Flohmarkt zu Flohmarkt getingelt, später habe ich Mittelaltermärkte für mich entdeckt.“ 2008 eröffnete er dann mit „Celtic Roots“ seinen ersten Schmuckhandel in Magdeburg.

Der junge Geschäftsmann wollte sich aber auch damit nicht begnügen. „Ich komme aus einer Bauunternehmer-Familie, Geschäftssinn liegt mir im Blut.“ Mit Hilfe der Investitionsbank Sachsen-Anhalt finanzierte er seine Designmanufaktur, die inzwischen seit drei Jahren in Betrieb ist. Vom „Celtic Roots“ trennte er sich, um nicht in Arbeit unterzugehen.

Marchant fremdelte mit der Perspektive, einfach nur ein Goldschmied zu sein, er entwickelte für seine Manufaktur deshalb eine eigene Geschäftsphilosophie: Die Verbindung von traditionellem Handwerk mit Hightech. Viele seiner Schmuckstücke aus wertvollen Edelmetallen entwirft Marchant am Computer. Von einem 3-D-Drucker lässt er die Gussformen aus Wachs drucken. Dadurch kann er beispielsweise Ringe mit feinsten Gravuren auf der Innen- und Außenseite herstellen.

Neben modernem 3-D-Druck kommt bei dem Designer auch Laser-Technik für die Bearbeitung von Oberflächen zum Einsatz – einige technische Innovationen und Fertigungspraktiken hat Marchant auch zusammen mit Ingenieurs-Studenten entwickelt. „Wir gehören jetzt zu den letzten acht Schmuckmanufakturen, die es heute noch in Deutschland gibt“, betont Marchant. Von der ersten Skizze bis zum präzisen Guss – sämtliche Arbeiten werden in der Manufaktur erledigt und nicht etwa nach Asien fremdvergeben.

Drei Schmuck-Marken hat Marchant in den vergangenen Jahren entwickelt, eine von ihnen erobert jetzt die Show- und Musikszene. „Black Baron“ heißt sie, das Markante an den Ringen, Ketten und Armbändern sind die verarbeiteten Lilien und Totenköpfe, der rockige Stil der Schmuckstücke. „Die Totenköpfe sind für mich ein Ausdruck von Bescheidenheit“, erklärt Francisco Marchant. „Sie erinnern uns daran, dass wir alle sterblich sind.“

Ein wenig lässt der Designer auch durchblicken, wie es die Schmuckmarke von Magdeburg aus geschafft hat, zunächst in Deutschland und inzwischen auch weltweit für Aufmerksamkeit zu sorgen. Sein erster prominenter Kunde sei der frühere Magdeburger Handballer Stefan Kretzschmar gewesen. „Durch ihn bin ich auch zu Events der Berliner Fashion Week gekommen.“ Erst einmal reingerutscht in die Berliner Szene, gelang es Marchant, noch weitere Kunden für seinen Schmuck zu gewinnen.

„Die erste Band, die bei mir bestellt hat, war BossHoss“, erzählt er. So manches Treffen mit dem deutschen Sänger Boss Burns, der mit bürgerlichem Namen Alec Völkel heißt, hat er auf Fotos festgehalten. Ebenso seine Zusammenkünfte mit Sänger Udo Lindenberg, der inzwischen auch zu seinem Kundenkreis zählt. „Die Leute finden es klasse, wenn sie Schmuck tragen können, der nicht nur ausgefallen und individuell ist, sondern auch noch in Deutschland qualitativ hochwertig produziert wurde“, so Marchant. Das gelte nicht nur für die Musikgrößen, sondern eben auch für Show-Sternchen wie Sophia Thomalla. Die sei „eine ganz Nette“, findet er.

Deutsche Qualität schätzen aber auch internationale Künstler. Einer seiner prominentesten Kunden ist der US-amerikanische Rapper und Mitbegründer des New Yorker Wu-Tang Clans, Robert Diggs. Diggs, der unter dem Pseudonym „RZA“ auftritt, ist auch bekannt für seine Filmmusik in Streifen wie Kill Bill, Blade, American Gangster und G.I. Joe. Außerdem hat Marchant die kalifornische Rockband Rival Sons als Kundschaft gewonnen, die Jungs traten zuletzt in Europa als Vorband von Lenny Kravitz, AC/DC und Deep Purple auf. Zwischen ihren Auftritten machte die Band inoffiziell Station in Magdeburg, um Marchant in seiner Manufaktur zu besuchen.

Umgekehrt reist der Designer an Wochenenden jetzt des Öfteren nach Berlin, er selbst schätzt ein- bis zweimal pro Monat. „Ich besuche dann meine Kunden – aber es geht nicht immer nur um den Schmuck, wir machen auch gemeinsam Party“, sagt er und lächelt. Wert legt er dabei aber auch auf den richtigen Umgang, er will sich den Promis nicht anbiedern. „Die Kunst ist es eben, den Leuten nicht auf den Keks zu gehen.“ Viele seiner besonderen Freunde seien bodenständig, was Marchant wiederum auch gut findet, weil eben diese ja auch indirekt Werbung für seinen Schmuck machen, wenn sie ihn tragen. „Alle Leute, mit denen wir arbeiten, sind auf dem Teppich geblieben“, findet der Designer.

Rockiger Schmuck ist aber nur ein Geschäftsfeld Marchants. Ein weiteres sind Trauringe. Seine neueste Kollektion hat er aus dem seltenen Metall Tantal gefertigt. Es ist körperverträglich, härter als Platin und schimmert graphitgrau. Zahlreiche Händler aus verschiedenen Ländern ordern inzwischen die Ringe mit dem seltenen Metall aus Magdeburg.

Marchants Schmuck hat allerdings auch seinen Preis – je edler die Materialien sind, die zum Einsatz kommen, desto mehr müssen die Kunden auf den Tisch legen. Manche seiner Ringe kosten mehrere Tausend Euro, „nach oben gibt es fast keine Grenzen“, sagt er. Zahlungsfähige Kundschaft würde sich deutschlandweit immer finden, die regionalen Verkäufe in Magdeburg würden inzwischen gerade noch etwa zehn Prozent ausmachen. Da Marchant die Manufaktur allerdings noch nicht lange betreibt, könnte er gegenwärtig noch keinen Schmuck für eine Millionen-Summe anbieten. Denn allein die Materialkosten, die dabei entstünden, könnte er aus der eigenen Kasse noch nicht vorfinanzieren. „Die Promis müssen übrigens auch zahlen, den Schmuck bekommen sie nicht geschenkt“, betont er.

Auch wenn sich der Designer überregional orientiert – manche seiner Projekte haben auch einen regionalen Bezug. So hat seine Manufaktur von der evangelischen Kirche den Zuschlag bekommen, Schmuck und Kugelschreiber zum Reformationsjubiläum im kommenden Jahr zu fertigen.

Wie es für Kreativschaffende typisch ist, lebt Francisco Marchant geradezu für seinen Job. „Ich habe im Prinzip eine Sieben-Tage-Woche – sonst wäre das alles ja auch gar nicht zu schaffen.“ Vier Mitarbeiter beschäftigt der Designer fest, wenn besonders viel Arbeit zu erledigen ist, wächst das Team vorübergehend schon mal auf acht Leute an. Mit dem Stress, den er sich täglich antut, hardert er keineswegs. Was ihn antreibt: „Ich möchte den Zeitgeist unserer Gesellschaft in meinen Produkten festhalten, vielleicht so ein Stück Geschichte schreiben“, erklärt der Schmuck-Künstler.

Darin sieht er auch eine Verbindung zu seinen prominenten Freunden. „Ein Künstler hat auch das Ziel, dass er etwas Bleibendes schafft.“ Und auch wenn sein Schmuck teils mehrere Tausend Euro kostet, betont er: „Das Geld an sich bedeutet mir gar nicht so viel.“

Geschäftstüchtige Ideen hat er dennoch. Er plant für Bands Schmuck herzustellen, der künftig an die Fans verkauft wird. „Bislang gibt es nur wenige hochwertige Fanartikel, die von Bands vertrieben werden.“ Darüber hinaus will er sein Know-how im Bereich der Materialverarbeitung künftig auch nutzen, um neben Schmuck weitere Geschäftsfelder zu erschließen. Genaues will er aber noch nicht verraten. Ebenso schweigt er sich darüber aus, welche nationale oder gar internationale Band als nächstes im Hinterhof am Alten Markt in Magdeburg vorbeischaut.