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Fan-Gewalt Stahlknecht fordert Haft für Fußball-Chaoten

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) fordert härte Gangart der Justiz bei Fußballchaoten. Der Richterbund spricht vom Pauschalvorwurf.

Von Matthias Fricke 21.10.2016, 01:01

Magdeburg l Am Rande des 10. Runden Tisches „Gegen Gewalt beim Fußball“ hat am Donnerstag Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) klare Forderungen an die Justiz gestellt: „Gerichte müssen auch für Ersttäter aus generalpräventiven Gründen kurze Haftstrafen von drei bis sechs Monaten aussprechen. Bewährung hat hier keinen Effekt. Gerade für dieses Klientel kann ein Gefängnisaufenthalt heilsam sein.“ Sport sei keine Einladung zur Massenschlägerei. Es gebe aber Menschen, die das so sehen und echte Fans in Misskredit bringen. Stahlknecht, selbst ehemaliger Staatsanwalt: „Es kann nicht sein, dass Randalierer und Gewalttäter beim ersten Mal mit einer Geldstrafe, beim zweiten Mal mit einer Geldstrafe und danach mit Bewährung davon kommen.“

Hintergrund ist die seit drei Jahren zunehmende Fan-Gewalt bei Fußballspielen (siehe Grafik). Schon in den ersten sechs Monaten gab es fast so viele Landfriedensbrüche wie im gesamten Vorjahr. Die Zahl der Verletzten verdoppelte sich nahezu in der Saison 2015/2016 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Zuletzt hatten Mitte September Fans des 1. FC Magdeburg auf der Rückreise von einer Drittliga-Partie in einem Regionalzug randaliert und 50 000 Euro Schaden angerichtet.

Zudem sorgte der Fall des FCM-Fans „Hannes“ für Entsetzen. Der 25-Jährige war in einem Regionalzug bei Haldensleben auf Anhänger des Club-Rivalen Hallescher FC getroffen. Der junge Mann stürzte unter bislang ungeklärten Umständen aus dem Zug. Dabei erlitt er tödliche Verletzungen. Ob er bedrängt wurde, oder in Panik sprang, muss noch ermittelt werden. Stahlknecht: „Ich hoffe, dass es gelingt, den Fall schnell aufzuklären.“ Dann sei die Justiz gefordert.

Rückendeckung erhält der Innenminister von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Deren Chef Rainer Wendt: „Es kann nicht sein, dass solche Randalierer und Schläger immer wieder mit Bewährungsstrafen davon kommen. Das ist für die wie ein Freispruch. Den tragen sie dann wie einen Orden in die Fankneipe und geben damit an, wie gut sie vor Gericht geschauspielert haben. Die lachen sich doch kaputt über solche Entscheidungen.“

Den Vereinen und der Polizei attestiert Wendt hingegen gute Arbeit: „In den letzten Jahren haben auch die Klubs ihre Hausaufgaben gemacht und die Stadien mit digitaler Technik ausgerüstet, so dass es für Gewalttäter immer schwerer wird, sich zu verstecken.“ Nur wenn die Justiz nicht mitziehe, sei man machtlos. Wendt: „Bei Bewährungsstrafen ist das auch einfach. Der Rechtsanwalt bekommt sein Honorar, der Staatsanwalt kann ein Arbeitsergebnis vorweisen und der Richter braucht keine Revision oder Berufung erwarten. Alle sind zufrieden, nur die Polizisten oder möglichen Geschädigten gehen mit einem schlechten Gefühl nach Hause.“

Für den Vorsitzenden des Richterbundes in Sachsen-Anhalt, Markus Niester, sind das „platte Pauschalvorwürfe“. Richter müssten immer den Einzelfall bewerten und nach der Schwere der Schuld urteilen. Die rechtlichen Rahmenbedingingen hält er für ausreichend. Oftmals fehlten allerdings ausreichende Beweise für eine Verurteilung. In vielen Fällen agieren solche Täter aus der Menge heraus, so dass sie unerkannt bleiben.

Niester: „Wenn sie aber vor Gericht stehen, gibt es auch harte Strafen.“