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Urteil Brandstifter in eigenen Reihen

Die Jugendstrafe gegen einen 21-jährigen Feuerwehrmann aus Elbingerode ist rechtskräftig. Vier Brandstiftungen wurden ihm nachgewiesen.

Von Matthias Fricke 01.02.2017, 00:01

Magdeburg l Unscheinbar sitzt der 21-Jährige auf der Anklagebank des Magdeburger Landgerichtes. Der junge Feuerwehrmann, der inzwischen seit Beginn der Strafverfahren von der Freiwilligen Feuerwehr suspendiert ist, zeigt kaum Regungen. Auch nicht, als der Richter ihm erklärt: „Nach unserer vorläufigen Auswertung des ersten Urteils vom Amtsgericht Wernigerode war das sogar milde.“ Und fügte hinzu: „Es geht also darum, ob Sie ins Gefängnis müssen oder nicht, falls wir nach der Beweisaufnahme zum gleichen Schluss kommen.“

Es folgt eine kurze Prozesspause, die mit einer Überraschung endet: Der Angeklagte zieht seinen Antrag auf Berufung zurück. Auch die Staatsanwaltschaft folgt dem. Somit wird das Urteil vom 9. Mai vergangenen Jahres rechtskräftig: Das Amtsgericht Wernigerode hatte den zur Tatzeit 18-Jährigen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren wegen dreifacher Brandstiftung und einer schweren Brandstiftung verurteilt. Sie wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Es gilt somit als erwiesen, dass der damals 18-Jährige eine Scheune samt Traktoren, eine große Lagerhalle mit Technik, einen Ferienbungalow sowie eine Holzwerkstatt in Brand gesetzt hat. Er legte erst die Feuer und kämpfte dann an vorderster Front gegen die Flammen.

Das Gericht hatte als Motiv ein übersteigertes Geltungsbedürfnis und ein „fatales Verhältnis zur Feuerwehr“ genannt. Bereits als Kind war der Harzer bei der Jugendfeuerwehr und trat später dem Förderverein bei. Zudem wollte der Elbingeröder unbedingt Berufsfeuerwehrmann werden. Angesichts des Urteils dürfte das nun schwierig werden. Ob aus der laufenden Suspendierung ein Ausschluss aus der Feuerwehr wird, ist noch offen.

Kai-Uwe Lohse, Chef des Landesfeuerwehrbandes: „Das muss nun die Stadt Elbingerode entscheiden. Ich hoffe, dass das erfolgt. Solche Mitglieder schaden der Feuerwehr enorm, da muss man null Toleranz zeigen.“ Falsch verstandenes Heldentum habe nichts mit Feuerwehr zu tun. Da müsse man in Sachsen-Anhalt aufpassen, „dass uns das nicht aus den Händen gleitet“. Seine Sorge klingt nicht unbegründet. Denn auch im Altmarkkreis Salzwedel befasst sich die Justiz gleich mit einer ganzen Reihe von Feuerwehrmännern, die als Brandstifter infrage kommen. Ein 18-jähriger Jugendlicher, der unter anderem ein Auto in Brand gesetzt haben soll, muss sich vor dem Amtsgericht ab 23. Februar vor einer Jugendrichterin verantworten. Die Anklage geht auch hier vom Drang nach Anerkennung als Motiv aus. Der Jugendliche war von Zeugen in Salzwedel gefasst worden, als er gerade einen Wagen in Brand setzte. In dieser Nacht hatten mehrere Autos in Flammen gestanden. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

In diesem Zusammenhang gerieten auch vier 16-Jährige als mögliche Komplizen des 32-jährigen Jugendwehrleiters aus Salzwedel ins Visier der Ermittler. Ihnen werden auch weitere Brandstiftungen vorgeworfen. Nach Angaben von Landgerichtssprecher Michael Steenbuck sitzt der Erwachsene zurzeit in Untersuchungshaft, während die Haftbefehle gegen die 16-Jährigen außer Vollzug gesetzt wurden. Alle Beschuldigten sind inzwischen vom Dienst suspendiert. Wann es zu einem Verfahren kommt, ist noch unklar. „Mit einer Entscheidung rechne ich nicht vor April“, sagte Steenbuck.

In Zerbst (Anhalt-Bitterfeld) ermittelt seit Juni 2016 die Staatsanwaltschaft gegen einen 23-Jährigen. Er soll mindestens einen Waldbrand gelegt und einen Bienenwagen angesteckt haben. 52 weitere offene Brandstiftungen werden auf Zusammenhänge untersucht. Staatsanwalt Olaf Braun: „Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.“