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Schönebeck vor der Entscheidung: Gemeindeordnung stellt hohe Hürden 9000 Bürger müssten sich für Abwahl von Hans-Jürgen Haase aussprechen

Von Olaf Koch 25.06.2013, 03:12

Schönebeck. Immer mehr Leser melden sich schriftlich und telefonisch in der Volksstimme-Redaktion, die den Schritt des Stadtrats auf eine mögliche vorzeitige Abwahl des Oberbürgermeisters unterstützen. "Endlich hat der Stadtrat den Mut gefunden, ein Abwahlverfahren gegen Herrn Haase einzuleiten. Es war schon lange fällig", schreibt in einem gemeinsam unterzeichneten Brief die Familie Köhler aus Schönebeck-Sachsenland.

Neben dem Verhalten während der Flut, als der Oberbürgermeister im Urlaub war, kommen nach Meinung der Sachsenländer noch "unerträgliche Arroganz, Inkompetenz und Untätigkeit" hinzu. Die Familie Köhler macht darauf aufmerksam, dass sie schon wieder - wie viele andere auch - den Keller voller Wasser habe und die Bausubstanz stark beschädigt ist. "Darum wünschen wir den Fraktionen im Stadtrat nun viel Glück", schließt der Leserbrief.

Doch Glück allein wird wohl nicht reichen. Nicht nur der Stadtrat ist bei einer "Vorzeitigen Abwahl" nach der Gemeindeordnung gefordert, sondern auch die Bürger der jeweiligen Kommune - nämlich mit Stimmen. So muss der Stadtrat - vermutlich schon zur nächsten Stadtratssitzung am 4. Juli (vermutlich deshalb, weil die Tagesordung noch nicht feststeht) - einen Beschluss fassen. Dafür ist eine Mehrheit von drei Viertel der Stimmen erforderlich. Auf den Schönebecker Rat bezogen wären es 30 Stimmen für die Abwahl.

Doch dann kommt die nächste Hürde: Die Bürger der Stadt müssen mit ihrer Stimme an der Wahlurne der vorzeitigen Abwahl der Oberbürgermeister mit "Ja" zustimmen oder mit "Nein" ablehnen. Das Abwahlverfahren des Oberbürgermeisters hat nur Erfolg, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Es muss sich eine einfache Mehrheit, der zur Wahl gegangenen Bürger dafür aussprechen - also 50 Prozent und eine Stimme. Doch auch bei der Wahlbeteiligung muss ein Vorgabe erfüllt sein: Jene Stimmen, die sich für die Abwahl aussprechen, müssen 30 Prozent aller Wahlberechtigten sein.

Diese 30 Prozent sind ein riesiger Batzen. Bei derzeit schätzungsweise 30000 Wahlberechtigten in der Stadt Schönebeck einschließlich Ostelbien müssten mindestens 9000 Bürger für die Abwahl stimmen. Diese Zahl verschiebt sich im gleichen Verhältnis weiter nach oben, wenn es Stimmen gegen die vorzeitige Abwahl gibt.

Wie hoch diese Hürde liegt, zeigt ein weiteres Beispiel. Schönebecks Oberbürgermeister Hans-Jürgen Haase (parteilos) ist am 24. Februar 2008 gewählt worden. Haase erreichte damals im ersten Anlauf gegen seine Mitbewerber Sabine Dirlich (Die Linke) und Eckhard Czarnetta (CDU) 72,4 Prozent. Die SPD stellte damals keinen eigenen Kandidaten, unterstützte Haase aber öffentlich. Doch die 72,4 Prozent allein sagen noch nicht viel aus. Zur OB-Wahl 2008 lag die Wahlbeteiligung nämlich nur bei 35 Prozent. Von den damals insgesamt 28290 Wahlberechtigten konnte Haase nur 7195 Stimmen auf sich vereinen - im Verhältnis zu den Wahlberechtigten nur 25,4 Prozent. Der Rest wählte die anderen Kandidaten, machte den Stimmschein ungültig oder blieb der Wahl von vornherein fern.

Dennoch kann eine vorzeitige Abwahl Erfolg haben, wie das Innenministerium informiert. So gab es im vergangenen Jahr drei Verfahren: Einmal scheitere es (Zahna), zweimal wurden die Bürgermeister abgewählt (Zabenstedt und Verbandsgemeinde Seehausen/Altmark).