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AfD-Überläufer CDU-Kreisverband fordert Ausschluss

Seit einem halben Jahr gehört Ex-AfD-Politiker Jens Diederichs der CDU-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt an. Das bringt Unmut.

29.01.2018, 23:01

Magdeburg l Gerade einmal sieben Tage hat der Lagerwechsel gedauert. Am 6. Juni trat Jens Diederichs aus der AfD aus. Schon am 13. nahm die CDU-Fraktion den Überläufer im Landtag auf. Das ging vielen in der Union zu schnell. Der Ärger ist bis heute nicht verflogen.

„Unsere Mitglieder sind weiter sehr verschnupft“, sagt Danny Kavalier, CDU-Kreischef in Mansfeld-Südharz. Zwei Personen hätten die Partei in den vergangenen Wochen wegen Diederichs verlassen. Die Rückmeldungen von Wählern seien alarmierend. „Der Unmut wächst“, sagt er. Der Kreisverband hat die Landtagsfraktion deshalb schriftlich aufgefordert, Diederichs wieder auszuschließen. Auch die Landespartei soll Einfluss nehmen. Warum läuft die Basis Sturm?

Jens Diederichs hat eine schillernde Parteienvorgeschichte. Von 1987 bis 1990 war er als NVA-Berufsoffizier SED-Mitglied. Der SPD gehörte er von 2011 bis 2014 an. Bis zu seinem AfD-Austritt Anfang Juni war Diederichs Kreisvorsitzender in Mansfeld-Südharz. 2016 gewann er dort das Direktmandat – was wohl ein Grund für den Unmut bei der CDU ist.

Ein zweiter: Im Wahlkampf ging Diederichs mehrere CDU-Politiker scharf an. Dass er nun Briefe mit CDU-Logo versenden darf und bei Terminen gemeinsam mit den Ministern der Landesregierung in die Kamera lacht, ist für viele „unglaubwürdig“. Man könne ja seine Meinung ändern, heißt es bei den Christdemokraten an der Basis. „Aber das ging uns einfach zu schnell. Der Neuanfang hätte mehr Zeit gebraucht – und auch eine Entschuldigung von Herrn Diederichs. Er ist zu keiner Zeit auf uns zugekommen.“

Und auch der unterlegene CDU-Kandidat Eduard Jantos spielt dem Vernehmen nach eine Rolle. Nicht mal 21 Prozent hatte dieser geholt – und flog deshalb aus dem Landtag. Diederichs triumphierte mit 31,5 Prozent. Doch Jantos, der nun als Kreisgeschäftsführer die Strippen zieht, wäre der nächste Nachrücker, wenn aus der Landtagsfraktion jemand ausscheiden sollte. Je näher der nächste Wahltermin rückt, desto angespannter dürfte die Konkurrenzsituation werden: Was, wenn in der Partei darauf gedrungen wird, an Diederichs festzuhalten? Im Mansfelder Land hat man keine Lust darauf, „sich von Magdeburg jemanden vorsetzen zu lassen“, heißt es.

Diese Befindlichkeiten waren für die Landtagsfraktion im Juni jedoch nachrangig. Bei der geheimen Abstimmung stimmten nach Informationen der Volksstimme nur vier Abgeordnete gegen die Aufnahme. Fraktionschef Siegfried Borgwardt denkt deshalb nicht daran, den Ex-AfD-Mann wieder auszuschließen. „Jens Diederichs hat sich in die Arbeitsstruktur der CDU-Fraktion integriert“, stellt er klar. „Er leistet eine gute Mitarbeit.“ Auch andere in der CDU bewerten seine Arbeit als solide.

Finanzminister André Schröder, der als Abgeordneter auch Teil der Landtagsfraktion ist und seinen Wahlkreis in Mansfeld-Südharz hat, versucht sich als Vermittler. Er trug die Haltung des Kreisverbands im Landesvorstand und der Fraktion vor. „Ich kann die Haltung des Kreisverbands gut nachvollziehen und habe mein Stimmverhalten bei der Aufnahme Diederichs auch darauf ausgerichtet“, sagt er. Am Ende entscheide die Fraktion jedoch mit Mehrheit, so Schröder.

Den Ausschluss eines Hospitanten müssten der Fraktionsvorstand oder ein Viertel der CDU-Abgeordneten (acht) beantragen, bevor abgestimmt wird. Das ist derzeit nicht in Sicht.

Dem Kreisverband gefällt das nicht. Kavalier kritisiert, dass er auf seine Schreiben nicht einmal eine Antwort aus Magdeburg erhalten habe. Der CDU-Kreischef schließt aktuell aus, dass der Ex-AfD-Mann irgendwann auch CDU-Mitglied wird. Denn über einen Eintritt müsste der Heimatkreisverband entscheiden. Danny Kavalier sagt: „Da ist keine Brücke mehr.“

Jens Diederichs stört das nicht. Er gibt sich unbeeindruckt. „Ich mache im Landtag meine Arbeit. Dafür brauche ich die CDU in Mansfeld-Südharz nicht.“