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Anschwärzer-App Auf der Jagd nach den Parksündern

Seit März 2019 hat Bitterfeld-Wolfen die "Wegeheld"-App freigeschalten. Die Meinungen der Einwohner sind allerdings gespalten.

Von Bernd Kaufholz 18.03.2019, 04:00

Bitterfeld-Wolfen l Seit 1. März hat die Stadtverwaltung Bitterfeld-Wolfen die mobile App „Wegeheld“ freigeschaltet. Seitdem können Einwohner des Doppelortes per App auf Falschparker-Jagd zu gehen.
„Sei ein Wegeheld! Helfe mit, dass Falschparker von Geh- oder Radwegen, Behindertenparkplätzen oder Busspuren verschwinden: Poste Falschparker ins Netz, in Twitter oder zeige sie beim Ordnungsamt an. Mache Schluss mit schlechtem Verhalten!“ wirbt die App.
Doch vielen Menschen geht das zu weit. Die Methode erinnere sehr an Zeiten, da jeder jeden notieren konnte, dessen Nase ihm nicht gepasst hat.
Andere sprechen von einer Bankrotterklärung von Ordnungsamt und Polizei, die nicht mehr in der Lage seien, ihren Job zu machen und deshalb jedem einen „Sheriff-Stern“ an die Brust heften würden.
„Mit der Wegeheld-App können Sie auf die Mailadressen von über 1000 Städten in Deutschland zugreifen. Damit können mehr als 20 Millionen Menschen mit unserer App direkt dem Ordnungsamt helfen, dass niemand mehr durch Falschparker gefährdet oder blockiert wird“, so der Aufruf der App-Anbieter.
Die App wurde auf Initiative vom Bahn-Manager Heinrich Strößenreuther, Fahrradaktivist und „Verkehrsrebell im schwarzen Anzug“, wie er in der Presse genannt wird, 2013 aus Spendengeldern entwickelt.
Die Bitterfeld-Wolfener Stadtsprecherin Katrin Kuhn verteidigt die App: „Falschparker können unkompliziert dem Ordnungsamt gemeldet werden.“ Das Verfahren werde „wesentlich beschleunigt, die Qualität der Anzeigen erhöht“.
In Magdeburg gibt es den sogenannten MD-Melder als Zugang zur Stadtverwaltung. „Die Hinweise, die wir über diesen Kanal erhalten, sorgen vor allem dafür, dass der Verwaltung Gefahren- und Schmutzstellen schneller bekannt werden und sie beseitigt werden können.“ Meldungen von Falschparkern seien eher selten.
Das Innenministerium Sachsen-Anhalts teilte der Volksstimme mit, dass „eine derartige App im Haus nicht bekannt“ sei. Die Pressestelle verweist allerdings darauf, dass „Ordnungswidrigkeiten Anzeigen grundsätzlich von jedermann mündlich, schriftlich oder eben auch elektronisch erstattet werden können.“
Ausgangspunkt für die Aktion „Straßensheriff“ war Berlin. Vier Jahre, nach dem Scharfschalten gab es bundesweit 100 000 Downloads und täglich um die 150 Anzeigen. Als Grund für die magere Bilanz sei die Tatsache, dass niemand gerne petze“, räumt selbst App-Aktivist Strößenreuther ein.
Juristen warnen allerdings: Wenn neben der Anzeige ein Foto des Fahrzeugs gesendet werde, müsse das Kennzeichen unkenntlich gemacht werden. Dasselbe gelte für Personen auf dem Foto. Sollte das nicht getan werden, müsse man selbst mit einer Anzeige wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten rechnen.
Den Kommentar "Traurige Erfahrung" zum Thema gibt es hier.