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Antrag der Linken Mordfall wird Thema im Landtag

Nach dem Mord an der chinesischen Studentin Yangjie Li verlangt die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt „rückhaltslose Aufklärung“.

Von Matthias Fricke 08.06.2016, 01:01

Magdeburg/Dessau l Der Landtag befasst sich in dieser Woche mit dem Mord an der chinesischen Studentin. Der Innenausschuss tagt am Donnerstag, der für Justiz am Freitag. „Der Aufklärungsbedarf ist enorm“, sagten die Linke-Politikerinnen Eva von Angern und Henriette Quade. Das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden sei erschüttert. Unter anderem fragt die Linke nach Konsequenzen für den Stiefvater und die Mutter des tatverdächtigen 20-Jährigen. Beide sind Polizisten. Momentan wird geprüft, ob sie Einfluss auf die Ermittlungen genommen haben.

Der 20-Jährige und seine gleichaltrige Freundin stehen im Verdacht, eine 25 Jahre alte Chinesin gemeinsam ermordet zu haben. Die Leiche der Architekturstudentin wurde Mitte Mai in Dessau-Roßlau in einem Gebüsch entdeckt. Die Beschuldigten sind in Untersuchungshaft.

„Es ist eine furchtbare Tragödie, dass ein junges Leben so brutal beendet wurde“, sagte Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) am Dienstag der Volksstimme. „Entscheidend ist, dass der Fall schnell und umfassend aufgeklärt wird. Daran arbeiten die beteiligten Staatsanwaltschaften und die Polizei mit Hochdruck.“

Am Montag hatte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) dem Stiefvater des Verdächtigen, Jörg S., die Dienstgeschäfte als Revierleiter in Dessau entzogen. Er hatte nur einen Tag nach der Trauerfeier für die tote Studentin mit seiner Frau ein Gartenlokal eröffnet und gefeiert. Zu dieser Zeit waren die beiden Polizisten krankgeschrieben. Stahlknecht sagte gestern der Volksstimme, er habe um die Einleitung von Disziplinarverfahren gegen beide gebeten.

In Polizeikreisen hatte der Polizeioberrat offenbar einen guten Ruf. Er habe eine „vernünftige Arbeit gemacht“, sagen Beamte, die ihn kennen. Andere beschreiben ihn als „ruhig, zurückhaltend, sachlich“. Seit 2012 leitet der Beamte das Revier Dessau-Roßlau.

Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann sagte, sie sei dem Innenminister dankbar, „dass er die Reißleine gezogen hat“. Zugleich forderte sie, dass Jörg S., der für die CDU im Dessauer Stadtrat sitzt, „spätestes jetzt“ sein Mandat ruhen lassen solle. Wolfgang Ladebeck, Landes­chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, nannte die Suspendierung des Revierchefs „vollkommen richtig“. Die Rolle der beiden Beamten in dem Fall müsse lückenlos aufgeklärt werden. Es dürfe kein schlechtes Licht auf die Polizisten geworfen werden, die jeden Tag gute Arbeit leisteten.

Uwe Petermann, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, sagte: „Wir warten erst einmal die Ermittlungsergebnisse ab.“

Derzeit untersuchen vier Sonderermittler des Landeskriminalamtes die Vorgeschichte des Tatverdächtigen und die Rolle der Mutter sowie des Stiefvaters. „Das ist sehr viel Kleinarbeit“, sagte LKA-Sprecher Andreas von Koß. „Die Ermittlungen dauern noch einige Wochen.“ Die Staatsanwaltschaft Magdeburg prüft, ob es Anhaltspunkte für eine Einflussnahme auf die Mordermittlungen gibt.

Derweil wird die Forderung lauter, dass die Generalstaatsanwaltschaft den Fall an sich zieht. Sprecher Klaus Tewes sagte am Dienstag, dafür gebe es „keinen sachlichen Grund“. Nur die Tatsache, dass der Tatverdächtige aus einer Polizeifamilie komme, reiche nicht aus. Außerdem: Falls es zu einem Wechsel der Zuständigkeit kommen würde, müsste sich ein Staatsanwalt neu in den Fall einarbeiten. Tewes: „Das würde eine Verzögerung von mehreren Wochen bedeuten.“