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ArchäologieUraltes Wunder in Marienborn

Archäologen haben in Marienborn (Landkreis Börde) Reste einer sehr alten Kirche entdeckt - ein Wunder am ältesten Wallfahrtsort.

Von Massimo Rogacki 16.07.2019, 01:01

Marienborn l Marienborn ist ein guter Ort, um Wunder zu erleben. Den heiligen Quellen des ältesten Wallfahrtsort Deutschlands wurde schon vor mehr als 800 Jahren eine außergewöhnliche Wirkung zugeschrieben. Dass auch heute noch kleine Wunder im 500-Seelen-Ort geschehen, beweist die neueste Entdeckung der Experten vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt (LDA). Die haben Reste einer sehr alten Kirche gefunden. Das Langhaus der Kirche war wahrscheinlich zwölf Meter lang und 9,25 Meter breit. Die genaue Datierung ist noch unklar. Sicher ist: Die Kirche sei im 12. Jahrhundert durch eine größere ersetzt worden, sagt Dr. Götz Alper vom Landesamt.

Spurensuche am Bullerspring, hier entspringt das Flüsschen Wirpke. Die bekanntere, vermeintlich wundertätige Quelle ist anderthalb Kilometer entfernt. Archäologisch bedeutend ist auch dieser Ort allemal. Der von Eichen gesäumte Platz wird im Volksmund als Heiliger Hain bezeichnet. Mauerreste bezeugten hier schon den Standort einer romanischen Kirche. In schriftlicher Überlieferung taucht der Sakralbau erstmals um 1200 im damaligen Dorf Twelven auf. Twelven ist heute bis auf eine erhaltene Mühle eine Wüstung. Das Dorf ist vermutlich im Bauernkrieg (1524-1525) zerstört und später von seinen Einwohnern verlassen worden.

Der Ort der Grabungen war schon in der römischen Kaiserzeit (1. bis 4. Jahrhundert n. Chr.) und im Frühen Mittelalter ein „herausgehobener Platz“, sagen die Archäologen. Es sei anzunehmen, dass die Quelle am Bullerspring bereits Gegenstand kultischer Verehrung der germanischen Bevölkerung war. Das Quellheiligtum könnte später demonstrativ mit einem christlichen Sakralbau überbaut worden sein.

Am Bullerspring wird vom LDA seit April 2019 gegraben. Die Grabungsschnitte veranschaulichen: Der entdeckte ältere Sakralbau zeigt einen außergewöhnlichen Grundriss. Mit einem dreischiffigen Langhaus und einer halbrunden Apsis. Die jüngere Kirche aus dem Hochmittelalter stellt sich demgegnüber als einfacher rechteckiger Saalbau mit Rechteckchor dar. Eine Apsis gibt es nicht.

Das genaue Alter der neu entdeckten Kirche sei noch unklar, sagt Grabungsleiter Andreas Siegel. Die wissenschaftliche Bestimmung läuft. „Wir sind noch in einer Phase, in der wir über vieles diskutieren“, sagt Götz Alper. Das gilt ebenso für die Nebenfunde. Eine  glasierte Keramikscherbe etwa könnte aus dem Spätmittelalter, also aus dem 13. oder 14. Jahrhundert, stammen.

Einig sind sich die Archäologen, was die die wissenschaftliche Qualität der Grabungsstätte anbelangt: Die Kirchenfundamente erlaubten Rückschlüsse auf die Zeit der Christianisierung der Region und der Eingliederung ins Fränkische Reich. Vor Ort entdecken lassen sich die Kirchenfundamente indes nicht mehr lange. Um Witterung und Pflanzenwuchs keine Chance zu geben und sie zu konservieren, muss die Grabungsstätte abgedeckt werden.

Erkunden lassen sich die Ergebnisse der Grabung aber zukünftig im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle. 2020 wird dort ein weiterer Abschnitt der Dauerausstellung geöffnet.