Köckter Kinderheim steht in grüner Idylle, die jetzt von unglaublich vielen Insekten bewohnt wird Auf Hochwasserangst folgt Mückenplage
Köckte l "Wir haben Sandsäcke gefüllt. Das Wasser stand hinter unserem Heim direkt am Deich. Die Angst der Kinder wuchs von Tag zu Tag", erzählt Kerstin Projahn. Sie ist Leiterin des Kinder- und Jugendheims im Bölsdorfer Ortsteil Köckte. Am Sonntag vor dem Deichbruch bei Fischbeck machten sich deshalb 24 Kinder und Jugendliche sowie fünf Betreuer auf den Weg. Im Schullandheim Klietz wollten sie warten, bis das Hochwasser weg ist. Dort angekommen, schickte sie der Katastrophenstab in das Stendaler Notlager. Kerstin Projahn suchte nach einer Lösung, fand sie im Bildungsfreizeitzentrum Wolmirstedt. "Doch nach drei Tagen mussten sie auch dort wieder raus. Das Haus war gebucht."
Zurück in Stendal durften die Köckter ein Haus der eigenen Organisation, des DPWV, nutzen. Allerdings gab es hier weder Tisch noch Schrank oder Bett. Nicht nur am Deich, auch hier funktionierte die Hilfsbereitschaft. "Die Arneburger Feuerwehr brachte uns Feldbetten, organisiert von Uwe Bliefert, und am Abend ganz viel zu essen", ist Kerstin Projahn noch heute gerührt. Und sie ist ihren Mitarbeitern dankbar für die selbstlose Arbeit in den schwierigen Tagen.
"Ich bin so froh, dass der Deich gehalten hat." - Heimleiterin Kerstin Projahn
Während die Kinder auf ungewollter Rundreise waren, kämpften die Köckter um ihren Deich. "Ich bin so froh, dass er gehalten hat", sagt die Heimleiterin. "Das Wasser lief überall durch. Wir haben gestapelt und gestapelt, bis einer auf die Idee kam, Vlies über den Sandwall zu legen und dann die Sandsäcke draufzupacken." Als nachts das Wasser aus Richtung Wald kommend an der Deichkrone "kitzelte", "ist Arne Henze noch einmal raus und hat weitere Sandsack-Lagen oben draufgelegt. Als am Morgen plötzlich Luft hinterm Deich war, wussten wir, dass das am gebrochenen Deich in Fischbeck lag."
Noch immer ist Kerstin Projahn zutiefst bewegt von den Stunden und Tagen im Bangen um den Deich. Nicht immer war sie sich sicher, dass der Sandwall halten wird. "Das schaffen wir. Der hält", habe Bölsdorfs Wehrleiter Uwe Berzow in solchen Momenten zu ihr gesagt. "Das hat ungemein beruhigt."
"Es war ein total schönes Miteinander mit allen im Ort, mit den Bölsdorfern, der Wehr und dem Bürgermeister", erinnert sie sich und wünschte sich, die Atmosphäre würde noch lange nachwirken.
"Ich weiß nicht, wie wir den Sommer überstehen sollen."
Noch aufgewühlt von den Hochwassertagen, kämpft die Heimleiterin, deren eigenes Haus auch in Köckte steht, jetzt gegen die vor wenigen Tagen aus Weißewarte beschriebene Mückenflut. "Es ist der absolute Horror", bestätigt sie den Bericht. "Wenn nicht einmal unsere Kinder hier aus dem Haus gehen, ist das schon bedenklich", betont sie. "Ich weiß nicht, wie wir den Sommer, der ja jetzt erst beginnt, überstehen sollen. Unsere Kinder brauchen den Raum der Bewegung. Darum sind sie ja hier." Es sei nicht zumutbar, einen wunderschönen Sommer eingesperrt im Haus zu verbringen. "Gegen diese Plage hilft kein käufliches Mückenmittel", weiß Kerstin Projahn. Alles habe sie ausprobiert. Nicht einmal Hund und Katze würden sich nach draußen wagen, weil sie inzwischen "total verbeult sind".
Dass es Mittel gegen solche extremen Mückenplagen gibt, weiß sie inzwischen und fordert deshalb Landkreis und Land zum Handeln auf. Telefonate habe sie etliche geführt, mehrfach die schlimme Situation geschildert.