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Autobahnen Lkw-Unfälle steigen unaufhaltsam

Die Zahl der Lastwagen-Unfälle ist so hoch wie seit 2011 nicht mehr. In Sachsen-Anhalt wird jeder dritte Zusammenstoß von Lkw verursacht.

Von Matthias Fricke 24.03.2017, 00:01

Magdeburg l Das ganz normale Chaos auf Sachsen-Anhalts Autobahnen: Ein 27-jähriger polnischer Lkw-Fahrer fährt am Mittwochvormittag auf der Autobahn 14 bei Calbe auf ein Stauende auf und wird dabei getötet. Ursache des Staus ist ein vorausgegangener Lkw-Unfall. Am folgenden Donnerstagmorgen gegen 3 Uhr kommt ein Lkw auf der A 9 bei Dessau ins Schleudern, der Anhänger kippt um. Nur drei weitere Stunden später steht ein Autotransporter in Flammen, wegen eines Reifenschadens. Die Folge: Wieder Stau, in dem es zum Folgeunfall kommt. Es bleibt aber bei Sachschäden.

Insgesamt sind die Lkw-Unfälle auf Autobahnen seit 2011 kontinuierlich von 1679 auf 2026 gestiegen. Auffällig dabei: An jedem dritten Unfall ist ein Lkw-Fahrer schuld.

Die häufigsten Ursachen sind zu dichtes Auffahren und abgelenkte Fahrer. Sie machen nach einer Untersuchung der Verkehrsunfallforschungs­gesellschaft (Vufo) an der Uni Dresden die Hälfte aller Ursachen bei den Lkw-Unfällen auf Autobahnen aus.

Unfallanalytiker Kay Morschheuser von der Daimler AG: „Wir haben tausend Lkw-Unfälle untersucht und festgestellt, dass ein Viertel der Fahrer vor dem Aufprall gar nicht gebremst hatten.“ Vor allem Baustellenenden seien wegen der plötzlich auftretenden Staugefahr besonders gefährlich.

Die Fahrer seien oft abgelenkt und könnten wegen zu geringer Abstände auch trotz neuer automatischer Notbremsassistenten nicht angemessen reagieren.

„Diese Assistenzsysteme haben auch ihre Grenzen, wenn man auf zehn Meter zum Vordermann auffährt“, warnt der Unfallanalytiker.

Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) will angesichts der Zahlen „schnell und entschlossen“ handeln. Am Rande eines Runden Tisches von Verkehrs­experten zum Thema „Lkw-Unfälle vermeiden“ in Theeßen an der A 2 sagte er am Donnerstag, dass er sich bei der nächsten Verkehrsministerkonferenz des Bundes für härtere Strafen bei Abstandsverstößen einsetzen wolle. Auch grob fahrlässig handelnde Lkw-Fahrer sollten härter rangenommen werden. Erst im vergangenen Jahr hatte die Feuerwehr in Sachsen-Anhalt einen getöteten tschechischen Fahrer im Schneidersitz hinterm Lenker vorgefunden. Er konnte so nicht mehr bremsen. Noch in diesem Jahr plant die Landesstraßenbaubehörde an den 28 Autobahnmeistereien des Landes ein Pilotprojekt. So sollen die Schilderwagen automatisch an Tages- und Wanderbaustellen Signale an das Verkehrssystem senden, um über Radio- oder Navigationssysteme die Fahrer vor dem Hindernis zu warnen. „Da müssen aber noch Softwareprobleme gelöst werden“, erklärt Uwe Langkammer, Präsident der Landesstraßenbaubehörde. Er habe erst im vergangenen Jahr einen 27-jährigen Mitarbeiter verloren, als ein 40-Tonner auf einen Schilderwagen krachte.

Birgit Blaich-Niehaus vom ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt fordert auch ein verbessertes Baustellenmanagement, zuverlässige und verständliche Informationen sowie eine Integration der Fahrassistenzen in die Weiterbildung für Lkw-Fahrer.