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Beamtenpension Die Milliardenkeule

Sachsen-Anhalt spart einen Pensionsfonds für seine Beamten an. Doch es dauert Jahrzehnte, ehe er nennenswerte Beträge abwirft.

Von Jens Schmidt 20.03.2017, 00:01

Magdeburg l In Sachsen-Anhalts Schulen, Polizeirevieren und Ministerien arbeiten derzeit gut 25 000 Beamte. Jährlich wächst aber auch die Schar der Pensionsempfänger und mit ihr die Summe, die die Landeskasse zu tragen hat. Letztes Jahr zahlte sie 186 Millionen Euro Pensionen. Dieses Jahr sind es 204 Millionen Euro. Doch das ist noch nichts gegen die Zukunftslasten: In gut 20 Jahren sind es laut aktueller Expertise aus dem Finanzministerium schon 1250 Millionen Euro. Und 2050 muss das Land dann sogar 1550 Millionen Euro überweisen – in einem Jahr.

1,5 Milliarden Euro Pensionen plus knapp drei Milliarden Euro Gehälter für die aktiven Landesdiener: Gut 40 Prozent eines heute üblichen Jahres-etats gingen dann für Personalkosten drauf.

Um das zu mildern, hat Sachsen-Anhalt 2007 begonnen, einen Pensionsfonds aufzubauen. Jedes Ministerium, das einen Beamten einstellt, muss seither auf dessen Salär im Mittel knapp 40 Prozent drauflegen und dieses Geld in die Pensions-Sparbüchse legen. Derzeit werden jährlich knapp 100 Millionen Euro überwiesen.

Die Idee: Aus dem Fonds werden mal die Pensionen bezahlt, um künftige Haushalte zu entlasten und Steuerflauten besser zu überstehen.

Doch das ist ein zähes Geschäft. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe:

l Es sollen nur Fondsgewinne abgeschöpft werden, um damit die Pensionäre zu versorgen. Ginge man ans Eingemachte, wäre der Sparstrumpf schnell alle. Zur Verdeutlichung: Die derzeit angesammelten 800 Millionen Euro bringen aktuell 15 Millionen Euro Zins. Das würde gerade mal reichen, um heute jeden zehnten Pensionär zu versorgen.

l Aus dem Fonds bezahlt werden sollen nur jene Pensionäre, die nach 2007 in den Landesdienst kamen. Die Alt-Gedienten werden hingegen aus der Landeskasse bezahlt – und die machen noch viele Jahre den Großteil der Empfänger aus.

Die Aussichten sind daher ernüchternd. 2040 steuert der Fonds laut aktueller Hochrechnung 75 Millionen Euro bei. Das sind gerade mal sechs Prozent der dann anfallenden Pensionslast. Die „restlichen“ 1175 Millionen müssen mal aus dem Landeshaushalt fließen.

2050 kommen zwar schon 325 Millionen Euro aus der Sparbüchse, allerdings steigt dann auch die Pensionslast weiter auf 1,5 Milliarden Euro an.

Der Rechnung lag eine Renditeerwartung von vier Prozent zugrunde. Doch die Zeiten haben sich geändert. Im letzten Jahr erwirtschafteten die Anlagen gerade mal noch 1,9 Prozent. „Es gibt dennoch keinen Grund, nervös zu werden“, zeigt sich Finanzminister André Schröder (CDU) optimistisch. Immerhin liege die mittlere Rendite seit 2007 bei noch 3,9 Prozent.

Die Linke würde die Einzahlungen stoppen. Fraktionschef Swen Knöchel: „Wenn man viel Geld übrig hat, kann man gern einen Pensionsfonds ansparen. Doch wir haben keines übrig.“ Allein Krankenhäuser beklagen ein Investitions-Defizit von jährlich 75 Millionen Euro. „Da baut das Land Geldtürme auf, zugleich wächst aber der Investitionsstau“, kritisiert Knöchel. Das Land sollte lieber investieren und dafür sorgen, dass die Steuern ordentlich fließen – dann klappt es auch mit der Pensionszahlung.

„Das funktioniert nie“, warnt SPD-Finanzer Andreas Schmidt. „Wenn es so wäre, müsste Sachsen-Anhalt im Geld schwimmen.“ Schließlich hat das Land sich seit 1990 mit 21 Milliarden Euro verschuldet und viel Geld in Infrastruktur gepumpt – dennoch ist man im Vergleich zum Westen immer noch steuerschwach. Daher ist sich die Koalition einig: Am Pensionsfonds wird nicht gerüttelt. Minister Schröder: „Das ist eine Sparbüchse für die Zukunft.“

Allerdings dauert es viele Jahrzehnte, ehe der Fonds die gesamte Pensionslast trägt. Um die dafür nötigen 1,5 Milliarden Euro jährlich zu erwirtschaften, benötigt das Land bei durchschnittlicher Rendite von drei Prozent den gigantischen Kapitalstock von 50 Milliarden Euro. Genügend Anspar-Disziplin vorausgesetzt, bräuchte Sachsen-Anhalt dafür noch 60 Jahre. SPD-Finanzer Schmidt meint jedoch: „Ein Weg ist nicht deshalb falsch, nur weil es ein langer Weg ist.“

Derzeit werden gut 50 Prozent der Gelder in europäische  Aktien und Euro-Firmenanleihen gesteckt. Der Rest geht in die weite Welt. Die Linke plädiert auch für Landkäufe und Pachteinnahmen. Knöchel: „Ein Teil der Gelder sollte im Land bleiben und nicht irgendwo in Kasachstan angelegt werden." Die Grünen legen Wert auf mehr ethisch einwandfreie Anlagen. Die SPD ist offen, stärker inländische Ressourcen zu erschließen: Ungenutzte Immobilien abreißen, Amtsgebäude kaufen statt mieten: Die eingesparten Kosten könnten dann in den Fonds fließen.

Eine gewisse Entlastung ist aber auch in Sicht: Derzeit überweist das Land ehemaligen Landesdienern für ihre Dienstzeit in der DDR Zusatzrenten – jedes Jahr immerhin 400 Millionen Euro. Da diese Zahlungen schmelzen, wären Mittel für den Fonds frei.

Sachsen überweist heute schon 500 Millionen Euro jährlich in seine Pensionskasse – fünfmal mehr als Sachsen-Anhalt.