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Berateraffäre Zeuge Bullerjahn will auspacken

Die SPD sieht Ex-Finanzminister Bullerjahn als Schlüsselfigur in der Aufklärung der Berateraffäre. Er soll die CDU mit ins Visier nehmen.

15.11.2016, 23:01

Magdeburg l Die SPD will Bullerjahn schnellstmöglich und damit viel eher als zuächst gewollt als Zeugen im Untersuchungsausschuss hören. Das ist frühestens bei der übernächsten Sitzung im Januar möglich, da die Zeugenliste für die Sitzung am 9. Dezember schon abgeschlossen ist.

Über die plötzliche Eile ist die CDU etwas verwundert. Landtagsabgeordnete Eva Feußner sagt: „Wir hatten eine schnelle Befragung Bullerjahns vorgschlagen. Doch die SPD wollte das erst nicht.“ Zunächst wollte die SPD – wie auch die Linke – erst die Mitarbeiter der unteren Ebenen hören, um dann für die Befragung des Chefs gut gewappnet zu sein. Doch die SPD-Spitze wechselte die Strategie.

Mit den neuen Enthüllungen der Volksstimme über einen ominösen 80.000-Euro-Vertrag, den Verquickungen zwischen Bullerjahn, der Investitionsbank (IB) und dem Wirtschaftsinstitut ISW sowie dem Rücktritt von Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD) am Sonntag stand die SPD allein im Fokus der Affäre. Das soll sich mit einem schnellen Auftritt Bullerjahns ändern, hofft die Partei.

Diese Hoffnungen sind nicht unbegründet. Jens Bullerjahn macht im Gespräch mit der Volksstimme klar, dass er seinen Auftritt im Ausschuss nutzen wird, „um einiges geradezurücken“. „Investitionsbank und ISW waren nicht mein Haus- und Hoflieferant.“ Ob bei Sport, Kommunalfinanzierung oder Wirtschaftsförderung – IB und ISW hätten für alle Ministerien gearbeitet. „Das war so von allen gewollt. Man darf die Gesamtverantwortung des ganzen Kabinetts nicht vergessen.“

An dessen Spitze steht Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Wird auch er als Zeuge geladen? Olaf Meister, Ausschuss-Obmann der Grünen: „Ausschließen kann ich das nicht.“ Auf Bullerjahns Offensive sind schon viele gespannt. „Mir ist schon klar, dass Bullerjahn nicht in Sack und Asche gehen wird“, sagt Meister.

Auch SPD-Landeschef Burkhard Lischka will den Blick weiten und argumentiert mit Zahlen: 360 Verträge mit einem Volumen von 25 Millionen Euro hat der Landesrechnungshof aus der letzten Wahlperiode bislang geprüft, zwei Drittel wurden als fragwürdig eingestuft. Das größte Volumen liegt beim Wirtschaftsministerium mit über zwölf Millionen Euro. Die meisten (81) kommen aus dem Agrarressort – seinerzeit beides CDU-Häuser. Lischka: „Es geht mir nicht darum, sich im Dreck zu suhlen. Aber ich kann an die CDU nur appellieren, den Weg der schonungslosen Aufklärung mitzugehen. Die Bevölkerung erwartet das.“ Die CDU bleibt gelassen. Feußner sagt: „Ich bin für harte Aufklärung – wir machen keine Unterschiede zwischen CDU- und SPD-Häusern.“

Die alte schwarz-rote Landesregierung hat von 2011 bis 2016 allein 121 Beraterverträge, Studien und Gutachten mit einem Auftragsvolumen von jeweils mehr als 20.000 Euro vergeben. Das geht aus einer Kleinen Anfrage des Grünen-Politikers Meister hervor. Der Untersuchungsausschuss will die Verträge unter die Lupe nehmen und prüfen, ob der Landtag ausreichend beteiligt wurde.

In dieser Statistik sind viele der zweifelhaften Verträge noch nicht einmal enthalten. Allein seit Januar 2014 wurden 45 Geschäftsbesorgungsverträge mit der Investitionsbank geschlossen (Gesamtvolumen: mehr als 140 Millionen Euro), die zum Teil Unteraufträge vergab. Diese Praxis ist umstritten. Die Abgeordneten wollen sie im Ausschuss hinterfragen.