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Berufsbild Sachsen-Anhalts Schornsteinfeger sind beliebt

Der Beruf des Schornsteinfegers hat sich gewandelt. Lara Keller ist in Sachsen-Anhalt als Kaminkehrerin unterwegs und mag die Abwechslung.

Von Massimo Rogacki 15.10.2018, 01:01

Dodendorf l  9 Uhr im kleinen Ort Dodendorf (Landkreis Börde): Eine ältere Dame öffnet die Tür des Einfamilienhauses. „Ach, die Glücksbringer sind da“, freut sie sich. Nicky Braun und Lara Keller lächeln. Der Bezirksschornsteinfeger und seine Gesellin kennen diese nette Art der Begrüßung. Der Kaminkehrer als Glücksbote. Das gilt noch immer.

Auf den Zylinder und die typische schwarze Kluft verzichtet das Zweier-Gespann heute. Der Abstecher aufs Dach fällt heute etwas kürzer aus. Dabei ist herrliches Schornsteinfegerwetter. „Sonne und leichter Wind. Das ist eigentlich perfekt“, sagt Lara Keller.

Heute stehen für Braun die Feuerstättenschau und für seine Gesellin die Abgaswegeprüfung an. Normale Arbeitskleidung reicht deshalb. Während der Schornsteinfeger beginnt, den Kachelofen seiner Kundin zu inspizieren und den Schornstein vom Keller bis zum Dach auf Mängel zu prüfen, erzählt er von neuen Anforderungen in seinem Beruf.

Mit dem Fegen des Kamins ist es längst nicht mehr getan: Neben dem Messen der Abgaswerte sind die Energieberatung und das Wissen des Schornsteinfegers in puncto Brandschutz gefragt.

Zudem nehme der Papierkram zu, sagt Braun. Und über allem thront noch ein Bürokratiemonster mit dem Namen Datenschutzgrundverordnung. Vor zehn Jahren wurde überdies das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz novelliert. Bei bestimmten Aufgaben dürfen Verbraucher seither selbst wählen, wen sie in ihr Haus lassen. Für den hoheitlichen Bereich ist nach wie vor der Bezirksschornsteinfeger zuständig.

Die meisten Kunden setzen allerdings auch bei den privatwirtschaftlichen Tätigkeiten auf Nicky Brauns Dienste. In seinem Bezirk, der sich von Sülzetal (Landkreis Börde) bis Beyendorf-Sohlen (Magdeburg) erstreckt, hat der Firmenchef deshalb alle Hände voll zu tun. Und ist froh, dass er eine ausgezeichnete Gesellin an seiner Seite hat.

Die heißt Lara Keller und führt gerade im Untergeschoss des Hauses in Dodendorf die Abgaswegeprüfung durch. Sie holt einen Spiegel hervor und prüft, ob das Ofenrohr frei ist. („Da hängen manchmal tote Vögel drin.“) Dann zückt die 24-Jährige das Messgerät und überzeugt sich davon, dass am Ofenrohr kein Abgas austritt. Während früher noch alles auf Karteikarten dokumentiert wurde, werden die Werte heute am Tablet gespeichert. Das ist zum Glück alles etwas moderner geworden, findet Keller.

Dass sie einen zeitgemäßen technischen Beruf ausübt und viel mit Menschen in Kontakt kommt, das gefällt der Gesellin. Gelernt hat die 24-Jährige vorher Drogistin. In dem Beruf wollte sie dann doch nicht arbeiten. Im Juli dieses Jahres ist Lara Keller sogar die beste Auszubildende ihres Jahrgangs geworden. Ist der Beruf nicht eine Männerdomäne? „Nicht unbedingt. Weibliche Schornsteinfeger sind gar nicht mehr selten“, sagt sie. In ihrem Jahrgang waren 7 von 50 Auszubildenden weiblich. Warum auch nicht. Nur der Koffer mit den Messgeräten ist ein ganz schöner Ballast.

Das Kaminkehren an sich ist in den meisten Fällen weniger anstrengend, wenn der Schornstein nicht gerade völlig verrußt und verschmutzt ist. 25 Prozent des Jobs macht die Tätigkeit nur noch auf dem Dach aus. Trotzdem: Auf den Dachboden rauf, Luke auf. Durch das Fenster klettern. Und dann wieder runter. Nach 30 bis 35 Häusern am Tag merkt man dann aber schon, was man gemacht hat, sagt Lara Keller. Chef Nicky Braun setzt in jedem Fall großes Vertrauen in seine Gesellin. In einem Unternehmen, bestehend aus zwei Personen, gehe es gar nicht anders. Gute Mitarbeiter zu finden ist nicht mehr so einfach, sagt der Bezirksschornsteinfeger.

Und dann ist auch schon alles erledigt. Weitere fünf Häuser warten noch auf das Duo. Die Hausbesitzerin in Dodendorf erhält die Unterlagen zur Feuerstättenschau. „Alles in Ordnung“, sagt Braun. Und während sich der Bezirksschornsteinfeger von seiner Kundin verabschiedet, kraxelt die Gesellin dann doch noch schnell aufs Dach. „Zu Demonstrationszwecken“, sagt Lara Keller und lächelt. Dafür hat sie sich sogar noch schnell in Schale geschmissen. Die typische schwarze Kluft trägt sie, einen blitzblanken Zylinder. Über der Schulter das Kehrgerät. Der Ausblick: Überragend. Eben richtiges Schornsteinfegerwetter, findet Lara Keller.