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Betreuung durch Oma Streit mit Unfallkasse vor Gericht

Ein Junge fällt ins Wasser, während er von der Oma betreut wird. Er ist seitdem behindert. Muss die Unfallkasse Sachsen-Anhalt zahlen?

17.06.2018, 23:01

Kassel/Magdeburg (dpa) l Ist ein Kind bei der Betreuung durch seine Großmutter gesetzlich unfallversichert? Diese Frage steht am Dienstag (19. Juni) im Mittelpunkt eines Prozesses vor dem Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Dort klagt eine Frau aus dem Raum Magdeburg gegen die Unfallkasse Sachsen-Anhalt. Sie möchte, dass die gesetzliche Unfallversicherung für einen Vorfall aufkommt, bei dem ihr Enkel im Alter von knapp einem Jahr in ein Schwimmbecken fiel. Der Junge ist seitdem behindert.

Der Fall hatte sich laut Bundessozialgericht im Jahr 2008 ereignet. Die Großmutter hatte in ihrem Haushalt den Jungen und seine ältere Schwester öfter betreut, die Kinder blieben auch über Nacht. Am 13. August ereignete sich das tragische Unglück: Der Junge fiel in ein Schwimmbecken mit einer Wassertiefe von 1,1 Metern, das sich auf dem Grundstück befand. Durch einen Sauerstoffmangel erlitt er eine Hirnschädigung, die Folge waren Epilepsie und spastische Lähmung.

Dass die Großmutter Verantwortung für den Unfall trägt, ist juristisch geklärt: Das Landgericht Stendal verurteilte sie im Jahr 2014 zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 Euro an den Enkel. Das Urteil sei rechtskräftig, sagte eine BSG-Sprecherin.

Die Großmutter fordert, dass die Unfallkasse Sachsen-Anhalt den Fall anerkennt und zahlt. Über die Kasse sind beispielsweise Schüler versichert. Das Sozialgesetzbuch sieht aber auch einen Versicherungsschutz für Kinder bei der Betreuung durch "geeignete Tagespflegepersonen" vor. Hier setzt die Klägerin mit ihrer Revision an: Der Gesetzgeber habe damit alle Kinder unter Versicherungsschutz stellen wollen, wenn die Betreuung qualitativ einer vom Jugendamt vermittelten Betreuungskraft entspreche.

Die Richter in vorangegangenen Instanzen sahen das anders: Vor dem Sozialgericht Magdeburg und dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt scheiterte die Großmutter. Die Betreuung in diesem Fall sei durch die familiäre Bindung zu dem Jungen geprägt und nicht arbeitnehmerähnlich gewesen, urteilten die Richter. Nun muss sich das Bundessozialgericht damit beschäftigen. BSG-Urteile sind zwar nicht bindend für andere Fälle, gelten aber als richtungweisend für Gerichte und Behörden.