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Bildung Was kommt nach dem Digitalpakt?

Auf Einladung von Marco Tullner (CDU) kam Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Montag nach Sachsen-Anhalt.

Von Alexander Walter 22.01.2019, 00:01

Möckern l Als Anja Karliczek in Möckern eintrifft, ist von Differenzen keine Spur. Die Bundesbildungsministerin und ihr Kollege im Land, Marco Tullner (beide CDU), begrüßen sich mit herzlicher Umarmung. Dabei war Uneinigkeit 2018 der Auslöser für die Einladung nach Sachsen-Anhalt, Anlass: ein Interview Karliczeks für „Die Zeit“.

Die Ministerin hatte im Zuge der Debatte über die Digitalisierung der Schulen klassische Fächer infrage gestellt. Nötige Endgeräte wie Tablets sollten Schüler selbst beisteuern. Tullner rügte seine Parteikollegin: Beim Fächerkanon bräuchten die Schulen vor allem eines: Stabilität. Und: Nicht jede Familie könne sich teure Tablets leisten.

Montag nun also der Besuch Karliczeks in Möckern – er ist wohl auch eine Geste an Tullner. Im historischen Gebäude der Grundschule will sich Karliczek über digitalen Unterricht in Sachsen-Anhalt informieren und mit Schulleitern sowie Kommunalpolitikern sprechen.

Der Ort ist nicht zufällig gewählt – und er ist nicht repräsentativ. Viele Schulen im Land besitzen nur veraltete PC-Kabinette, Internetanschlüsse sind oft langsam oder fehlen ganz. Dank der Initiative der zur Stadt gehörenden Grundschule Loburg ist die Stadt Möckern dagegen Leuchtturm bei der Digitalisierung.

Die Grundschule Möckern mit ihren 130 Schülern etwa besitzt fast alles, was es für den Unterricht der Zukunft braucht: Sechs interaktive Tafeln, zwei Klassensätze i-Pads – bezahlt aus einem begrenzten Landesprogramm – und ein leistungsfähiger Internetanschluss. Geht es nach Karliczek, soll bald an möglichst vielen Schulen ähnliche Technik zur Verfügung stehen.

Richten soll es ein fünf Milliarden Euro schwerer Digitalpakt zwischen Bund und Ländern. Sachsen-Anhalt bekäme gut 130 Millionen Euro. Das Geld würde laut Bildungsministerium reichen, um alle knapp 900 Schulen im Land mit neuer IT-Technik auszurüsten. Zum Vergleich: Zuletzt konnte Sachsen-Anhalt mit einem Landesprogramm über 13 Millionen Euro nur gut 100 Schulen ausstatten.

Derzeit hängt der Pakt allerdings im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag. Das Problem: Bildung ist Ländersache, damit der Bund sich beteiligen darf müssen die Länder einer Grundgesetzänderung zustimmen. Die aber wollen mehrere Länder so nicht. Ein Grund: Künftige Bund-Länder-Projekte sollen die Länder zur Hälfte mitfinanzieren.

Außerdem befürchten sie, dass sich der Bund zu sehr in die Bildungspolitik einmischt. Karliczek macht in Möckern trotzdem Hoffnung: „Ich rechne mit einer schnellen Einigung“, sagt sie. Geht es nach ihr, soll schon im Sommer Geld fließen. Die Ministerin betont, der Bund stelle nur die Technik zur Verfügung. Die inhaltliche Gestaltung sei Ländersache.

Eine Änderung des Fächerkanons – 2018 einer der Dissenspunkte zwischen Tullner und Karliczek – ist in Möckern kein Thema. Bei der Verwendung der Gelder aus dem Digitalpakt zeigt sich die Ministerin kompromissbereit: Außer für Infrastruktur soll Geld zum Teil auch für Endgeräte wie Tablets fließen. Tullner spricht von einem „guten Kompromiss“. „Das kann sozial schwachen Familien helfen“, sagt er.

An Visionen für die digitale Schule mangelt es in Möckern nicht. Im Gespräch mit Schulleitern schwärmt Karliczek von einer nationalen Bildungs-Cloud, die derzeit entstehe. Über sie sollen Schüler und Lehrer sich Lehrinhalte aus dem Netz herunterladen, diese bearbeiten und teilen können. Selbst Schulbücher könnten so langfristig ersetzt werden.

Klar wird allerdings auch: Mancher Vision fehlt bisher der Unterbau. Möckerns Bürgermeister Frank von Holly etwa berichtet von horrenden Wartungskosten für die vier mit IT ausgestatteten Grundschulen der Stadt. „Sie liegen bei mehr als 10.000 Euro je Schule im Jahr“, sagt er. Schulträger allein seien damit überfordert.

Es hapert nicht nur am Geld. Selbst frisch ausgebildete Lehrer seien mit der Technik oft überfordert, berichtet ein Teilnehmer. Tullner kündigt daraufhin an, die Digitalisierung bei anstehenden Verhandlungen mit den Unis über die Lehrerausbildung anzusprechen. Detlef Tamler, Leiter der zu Möckern gehörenden Grundschule Grabow, hat derweil noch ein anderes Problem: Zwar besitzt seine Schule dank Förderung nun interaktive Tafeln und i-Pads. Nutzbar seien sie bislang aber kaum, sagt er. „Auch wir haben noch kein Internet.“