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Brauereibranche Sachsen-Anhalts neue Bierbrauer

Es gibt immer mehr Brauereien in Sachsen-Anhalt. Vor allem kleinere Braustätten kommen dazu. Was die neuen Braumeister im Land antreibt.

01.10.2018, 08:04

Magdeburg l Der Trend hält seit Jahren an: In Sachsen-Anhalt steigt die Zahl der Braubetriebe. Nicht stetig, aber langfristig. So verzeichnete das Statistische Bundesamt im Jahr 1997 noch 12 Braustätten im Land, zwanzig Jahre später sind es mehr als doppelt so viele.

Damit ist der Trend zu mehr Brauereien in Sachsen-Anhalt sehr viel deutlicher als bundesweit: In Deutschland stieg deren Zahl im gleichen Zeitraum von 1273 auf 1492; vor wenigen Monaten, am 13. Juni, ehrte der Deutsche Brauertag symbolisch die 1500. Brauerei in Deutschland.

Von einer „Gründerwelle in der Brauwirtschaft" spricht der Deutsche Brauer-Bund, vor allem im Norden und Osten Deutschlands. Denn in allen norddeutschen Bundesländern hat sich die Brauereizahl seit Mitte der 90er Jahre wie in Sachsen-Anhalt in etwa verdoppelt, in Berlin und Brandenburg gar verdreifacht.

Soweit die Statistik.

Magdeburg, Stadtteil Buckau. Gegenüber der Sankt-Gertrauden-Kirche gibt es ein neues Brauhaus, eröffnet im Dezember 2017, das „Brewckau". Robert Kellermann braut und verkauft dort sein gleichnamiges Bier. Die Sorten heißen „Tach Hell" und „Stock Dunkel", gebraut wird auch mal mit Erdnuss oder Kokos, das Mobiliar ist gebraucht und uneinheitlich; ein Brauhaus für Biertrinker, die es eher unkonventionell mögen.

Kellermann ist natürlich kein Verfechter des Reinheitsgebots. „Es gibt viele spannende Rohstoffe, die man verwerten kann", sagt der 33-jährige. Etwa 1000 Liter Bier braut er nach eigenen Angaben jede Woche. Er betont, es sei der Brauprozess an sich, der ihm Spaß mache. Kellermann hat knapp zehn Jahre als Zehntechniker gearbeitet, bevor er sich beruflich fürs Bierbrauen entschieden hat.

Ortswechsel, von Buckau ein Stück die Elbe hinauf, Schönebeck. Ortsteil Frohse. Viel Glas lässt den Blick von außen auf die Brauanlagen am Reuterplatz zu. Stefan Henning hat dort seine eigene kleine Brauerei geschaffen, die „Elbbrauerei Frohse". Wie Kellermann hatte auch er einst eine ganz andere berufliche Laufbahn gewählt, Henning brach das Maschinenbaustudium dann aber ab und wurde Brauer. „Treibgut" heißt seine bislang erfolgreichste Biermarke. In den vergangenen Jahren braute er das Bier in unterschiedlichen Brauereien, „Gypsy Brewer" oder „Kuckucksbrauer" werden so Leute genannt.

Und nun endlich die eigene Brauerei in Schönebeck. Seit Mai 2018 braut Henning dort, Stück für Stück fährt er die Produktion derzeit hoch. Bis zu 650 Hektoliter Bier habe er zuletzt jährlich produziert, sagt der 36-Jährige, 1000 Hektoliter sind sein Ziel. Er wolle damit nicht reich werden, sagt Henning, er wolle die Brauereiarbeit noch alleine schaffen.

Kellermann mit seinem Brauhaus „Brewckau" und Henning mit seiner „Elbbrauerei Frohse" stehen exemplarisch für die neuen Brauer: handwerklich gebraute Biere, regionaler Fokus, kleine Absatzmenge. Mikrobrauereien wie diese mit einer Jahresproduktion unter 1000 Hektoliter sind ganz wesentlich für den Anstieg der Brauereizahl in Deutschland verantwortlich. Zwischen 2006 und 2017 ist ihre Zahl um etwa 300 auf insgesamt 824 gestiegen.

Hingegen nimmt die Zahl der großen Brauereien in Deutschland stetig ab. So gab es 1995 noch 100 Brauereien mit einer Produktionsmenge von mindestens 200.000 Hektolitern, 2017 waren es nur noch 68.

Zu ihnen gehört die Wernigeröder Traditionsbrauerei Hasseröder, die zum Brauereikonzern Anheuser Busch InBev gehört. Im Juli scheiterte ein Verkauf der größten Brauerei Sachsen-Anhalts an das Investmentunternehmen CK Corporate Finance. Die Bier-Absätze bei Hasseröder waren zuletzt deutlich gesunken: von 2,42 Millionen Hektoliter im Jahr 2013 auf 2,09 Millionen 2016. Das Unternehmen machte dafür den harten Preiswettbewerb verantwortlich.

Ein „Haifischbecken" sei die Brauereibranche, sagt Christof Hawerkamp. Er ist verantwortlich für das Marketing beim Magdeburger Getränkekombinat. Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren viel Geld in die Hand genommen und im Magdeburger Stadtteil Sudenburg eine Brauerei eröffnet. Seit Sommer 2017 wird dort das „Sudenburger Bier" gebraut.

Hawerkamp sieht auf dem Biermarkt eine Rabattschlacht der Großen toben. Kleinere Brauereien könnten da kaum mithalten, sagt er. Immer mehr schaffen es aber laut Statistik, am Markt zu bestehen. Wie machen sie das?

Hawerkamp: Mit dem Bier sei es ein bisschen wie mit den Uhren. Eine funktionstüchtige Uhr zeigt die Zeit an, das machen alle. Und doch gibt es große Unterschiede, es gibt einen Markt mit Markenuhren. In den 90er Jahren hätten die Leute „ein Bier" bestellt. Irgendein Bier. Da sei es vor allem um den Preis gegangen, sagt Hawerkamp. Heute hingegen wollten viele Kunden „etwas Authentisches" haben. „Wir erzählen eine Geschichte zum Bier."

Seine Geschichte zum „Sudenburger Bier" geht in Kürze ungefähr so: Eine Magdeburger Biertradition kehrt zurück, anknüpfend an das 1882 gegründete und nach der Wende abgerissene Sudenburger Brauhaus. Ein altes Bierkutschen-Motiv ziert den Bierkasten, Bierkutsche und Oldtimer mit Werbeaufdrucken lässt das Unternehmen zu verschiedenen Anlässen vorfahren. Fassbier gibt es bei Bedarf vom Bierkarren mit Holzrädern, Flaschenbier aus der früher geläufigeren kleinen "Maurerflasche". Handwerklich gebraut sei das Bier, sagt Hawerkamp, der Hopfen wachse an Elbe und Unstrut.

Kaufen die Leute das?

„Wir führen noch keine schwarzen Zahlen, das braucht ein paar Jahre Anlauf", sagt Hawerkamp. Wie hoch die Produktionsmenge ist, sagt er nicht. Er betont, das Unternehmen werde den Preiskampf auf dem Biermarkt nicht annehmen, man wolle den regionalen Markt bedienen. Das Ziel sei, „in Sachsen-Anhalt und Magdeburg eine anerkannte und respektierte Biermarke zu werden."

Überblick: Eine Liste von Brauereien in Sachsen-Anhalt