1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Internetausbau auf märkischem Acker

Breitband Internetausbau auf märkischem Acker

Das Verkehrsministerium zeigt auf einem Feld in Brandenburg alle 698 aktuellen Förderprojekte des Bundes.

Von Alexander Walter 18.09.2018, 01:01

Schönewalde/Magdeburg l Ein wenig gewöhnungsbedürftig ist der Anblick schon: Auf einem abgeernteten Roggenfeld im Süden Brandenburgs erstreckt sich seit dieser Woche eine Karte der Bundesrepublik auf schwarz-rot-goldenen Stoff-Bahnen. 698 Pfähle stecken im Boden. Jeder steht für ein Projekt. Auf fast einem Hektar zeigt das Bundesverkehrsministerium hier alle aktuellen Fördervorhaben des deutschen Internetausbaus.

Der „Digitalacker“ ist eine riesige Freiluftausstellung. Noch bis Sonntag ist er für Besucher geöffnet, täglich gibt es Führungen. Der Ort sei nicht zufällig gewählt, sagt der auch für den Internetausbau zuständige Minister Andreas Scheuer (CSU) auf der Fahrt von Berlin zum Ausstellungsort. Das 310-Seelen-Dorf Grassau liegt im Landkreis Elbe-Elster, anderthalb Stunden von der Hauptstadt entfernt. „Das Signal ist, dass wir den Breitbandausbau für alle wollen, nicht nur für die Ballungszentren“, sagt Scheuer.

Der Minister spricht über das Förderprogramm des Bundes für den Digitalausbau. 2015 gestartet, handele es sich um das „größte in ganz Europa“. Die Privatwirtschaft habe sich zu Investitionen von acht Milliarden Euro verpflichtet. Dort, wo Telekom und Co. kein Interesse am Ausbau haben, fördert der Bund. Allein in dieser Legislaturperiode sollen bis zu 12 Milliarden Euro fließen. Das Ziel: Bis 2025 soll ganz Deutschland über Gigabit-Netze mit Glasfaserkabeln bis zur Haustür versorgt sein. Heißt: Surf-Geschwindigkeiten von 1000 Megabit je Sekunde und mehr. Die Werbe-Offensive kommt nicht ohne Grund. Denn: Bislang kam die Förderung des Internet-Ausbaus eher schleppend voran. Von den seit 2015 bereitgestellten 3,5 Milliarden Euro waren unter Amtsvorgänger Alexander Dobrindt (CSU) vor allem wegen bürokratischer Hürden nur 26,6 Millionen Euro abgeflossen.

Nach wie vor hinkt Deutschland bei schnellen Internetanschlüssen hinterher. In Japan und Südkorea etwa sind schon jetzt Dreiviertel der Haushalte mit den superschnellen Glasfaseranschlüssen versorgt. In Deutschland waren es zuletzt nur zwei Prozent. Zum 1. August hat Scheuer die Förderung deshalb einem „Relaunch“ unterzogen. Die Ertüchtigung alter Kupfernetze (Vectoring) werde bei neuen Projekten nicht mehr gefördert, sagt er in Grassau. Weniger Bürokratie werde die Bearbeitungsdauer von Förderanträgen um bis zu sechs Monate verkürzen. Der Förderhöchstbetrag für Kommunen wurde von 15 auf 30 Millionen Euro erhöht. Und: Kommunen, die bislang mit Vectoring planen, könnten bis Jahresende auf Glasfaser umsteigen. Die Botschaft lautet: Es geht voran. Doch die Realität ist komplizierter. So werden weiter auch bereits angeschobene Vectoring-Projekte gefördert, die Surf-Geschwindigkeiten von nur rund 100 Megabit ermöglichen, räumt das Ministerium ein. Weil manche Kommunen bereits Aufträge für Vectoring vergeben hat, kommt ein Umstieg auf Glasfaser für sie zu spät. Nicht zuletzt dürfte vielen Kunden Glasfaser bis zum Haus einfach auch zu teuer sein. Acht Prozent der Haushalte bundesweit könnten schon heute aufs Gigabit-Netz zurückgreifen, nur zwei Prozent tun das auch. Anwesende Einwohner von Grassau beschäftigte gestern übrigens eher die Dürre. Beim Roggen, der kürzlich auf dem jetztigen „Digitalacker“ geerntet wurde, gab es Verluste von 70 Prozent.