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Briefwahlaffäre: Landtagspräsident bleibt vorerst im Amt

Der Verdacht um Manipulationen bei der Kommunalwahl beschäftigt seit längerem die Stendaler und die Justiz. Jetzt schwappt die Diskussion nach Magdeburg - wegen der unklaren Rolle des jetzigen Landtagspräsidenten.

01.08.2016, 18:40

Magdeburg (dpa/sa) - Wegen seiner ungeklärten Rolle in der Stendaler Briefwahlaffäre gerät Landtagspräsident Hardy Peter Güssau zunehmend unter Druck - bleibt aber vorerst im Amt. Der CDU-Politiker werde sich am Donnerstagvormittag zunächst den Fragen seiner Fraktion stellen, sagte der Fraktionschef der Christdemokraten, Siegfried Borgwardt am Montag. Das sei der frühestmögliche Zeitpunkt. Anschließend werde sich Güssau den anderen Fraktionen im Landtag erklären. Zuvor hatten sich Borgwardt, Güssau und Parteichef Thomas Webel zu einem Krisengespräch getroffen. Über den Inhalt des vertraulichen Gesprächs, um das Güssau gebeten habe, sei Stillschweigen vereinbart worden, sagte Borgwardt weiter.

Zuletzt häuften sich die Fragen an Güssau, der seit Jahren den Stendaler CDU-Stadtverband führt. Dabei geht es um die Rolle des 53-Jährigen in der Briefwahlaffäre bei der Kommunalwahl im Sommer 2014. Damals sollen Hunderte Briefwahlstimmen zugunsten eines CDU-Kandidaten manipuliert worden sein. Die Vorgänge beschäftigen seit längerem die Justiz. Die Magdeburger Volksstimme hatte zuletzt in mehreren Berichten aus Akten der Ermittler zitiert, wonach Güssau eine aktive Rolle beim Versuch gespielt haben soll, die Wahlfälschung zu vertuschen.

Güssau selbst erklärte am Montagabend, er wolle erst Einsicht in die Ermittlungsakten nehmen, um sich vorzubereiten. Die Staatsanwaltschaft habe seinen Antrag auf Einsicht in einen Teil der Akten bewilligt. Nach Sichtung der Unterlagen werde ich in der Lage sein, substanzielle Antworten geben zu können.

Ob die CDU-Fraktion dem Landtagspräsidenten aus ihren Reihen nach dem Gespräch am Donnerstag den Rücken stärkt, wollte Fraktionschef Borgwardt nicht vorweg nehmen. Ich möchte in keine Spekulationen verfallen. Die Vorwürfe beträfen allerdings einen Zeitpunkt, an dem Güssau noch nicht Landtagspräsident gewesen sei. Dennoch sei es richtig, zunächst allen Fraktionen Rede und Antwort zu stehen und sich anschließend in der Öffentlichkeit zu erklären. Güssau hatte zuletzt stets alle Vorwürfe zurückgewiesen und erklärt, er habe sich keiner Straftat schuldig gemacht.

Bereits seit den ersten Berichten um die mögliche Rolle Güssaus im Stendaler Skandal mahnten Politiker aller Parteien schnelle Aufklärung und Erklärungen an. Am Montag erklärte SPD-Fraktionschefin Katja Pähle: Fest steht, Sachsen-Anhalt braucht einen Landtagspräsidenten, dessen Integrität und dessen Eintreten für die Einhaltung demokratischer Regeln außer Frage steht. Aus Sicht der Grünen wirft das Verhalten des Landtagspräsidenten einen Schatten auf die ersten 100 Tage der ersten schwarz-rot-grünen Regierung des Landes. Er habe sich bisher nicht ausreichend erklärt, hieß es.

Güssau müsse die Frage beantworten, ob die veröffentlichen E-Mails von ihm stammten oder nicht, forderte der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Daniel Roi. Dazu braucht er keine Akteneinsicht - ein einfaches Ja oder Nein reicht. Es sei unverständlich, dass eine Aufklärung der Vorgänge so lange verschleppt werde, erklärte der Oppositionspolitiker.