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Brustkrebs Vorbehalte gegen Krebsvorsorge

Nur jede zweite Frau nutzt in Sachsen-Anhalt Mammografie-Screening zur Früherkennung von Brustkrebs.

Von Janette Beck 09.12.2019, 06:51

Magdeburg l 2018 sind in Sachsen-Anhalt nach Schätzungen des Gemeinsamen Krebsregisters der ostdeutschen Länder rund 7700 Männer und 6500 Frauen an Krebs erkrankt. Bei Letzteren betraf fast jede dritte dieser erschütternden Diagnose die Brust (26,1 Prozent). Gar 550 Frauen pro Jahr sterben infolge von Brustkrebs. Den Hochrechnungen der Experten zufolge werden in diesem Jahr ungefähr 2000 Neuerkrankungen im Land erwartet. Im Schnitt liegt das Alter bei der Diagnose Brustkrebs bei 63 Jahren. Die höchste Neuerkrankungsrate ist im Alter von 75 bis 80 Jahren zu beobachten. Doch auch jüngere Frauen sind betroffen. Knapp ein Fünftel aller Erkrankten in Sachsen-Anhalt ist unter 50 Jahre alt, wenn die Diagnose Brustkrebs lautet.

„Diese Statistiken machen natürlich Angst. Das kann ich nachvollziehen“, zeigt Frauenärztin Dörte Meisel Verständnis. Doch es gibt auch Zahlen, die Hoffnung machen und Mut geben, sich dem Thema zu stellen: Die Überlebensrate bei Tumoren der weiblichen Brustdrüse habe sich seit Ende der 1980er Jahre um 31 Prozent gesteigert. Und: Je früher Brustkrebs diagnostiziert und behandelt wird, desto schonender kann die Therapie ausfallen und größer ist die Chance auf Heilung, erklärt Sachsen-Anhalts Landesvorsitzende des Berufsverbandes der Frauenärzte.

Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen. In welchen Intervallen und was genau untersucht wird, ist abhängig vom Alter der Frauen. Eines dieser gesetzlichen Programme ist das 2005 eingeführte Mammografie-Screening für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren. Zusätzlich zur jährlichen Tastuntersuchung werden Frauen dieser Altersgruppe alle zwei Jahre per Brief dazu eingeladen.

Bei der Untersuchung werden die Brüste aus zwei Perspektiven geröntgt, einmal von oben nach unten und von der Mitte zur Seite. Um Fehldiagnosen zu vermeiden, werden die Aufnahmen grundsätzlich immer von einem zweiten, unabhängigen Arzt beurteilt. Etwa 30 von 1000 Frauen weisen einen auffälligen Befund auf und müssen zu weiteren Untersuchungen. Sechs der 30 Frauen erhalten Studien zufolge die Diagnose Brustkrebs. Was Dörte Meisel und ihre Facharzt-Kollegen Sorgen bereitet, ist, dass die Zahl der Sachsen-Anhalterinnen, die der Einladung zum Mammografie-Screening folgen, abnimmt. Rund 57 Prozent waren es nach Angaben der Krankenkassen 2015, im Zeitraum zwischen 2016 und 2018 nutzten 56 Prozent der Frauen im Land die Maßnahmen zur Krebsfrüherkennung. Im Vorjahr ließen sich von den 360 616 eingeladenen Frauen rund 194 000 untersuchen (54 Prozent). Auch wenn Sachsen-Anhalt damit noch immer über dem Bundesdurchschnitt liegt (53 Prozent), sieht die Frauenärztin bei der Frequentierung „noch viel Luft nach oben“. Zugleich warnt sie vor den Tücken des Brustkrebses. Dieser macht sich nämlich im Vergleich zu vielen anderen Krankheiten nicht durch Schmerzen bemerkbar. „Die Mammografie bietet die Chance, ein Karzinom so früh zu erkennen, dass es heilbar ist.“

Gründe für die Vorbehalte gegenüber dem Mammografie-Screening sind nicht nur Uninformiertheit, Bequemlichkeit oder Vergesslichkeit. Aus dem Alltag in ihrer Praxis in Wettin weiß Meisel, dass es vor allem breitgestreute Ängste sind, die sowohl vom „Schreckgespenst“ Brustkrebs als auch von der Mammografie selbst ausgehen: Angst vor der Wahrheit, vor einer zu hoher Strahlung, vor einer Überdiagnose, der schmerzhaften Untersuchung oder davor, erst durch die Röntgenuntersuchung an Krebs zu erkranken.

Dass das Mammografie-Sceening neben Vorteilen auch Nachteile hat (siehe Infokasten), will Meisel nicht wegdiskutieren. „Wie sooft in der Medizin gibt es ein Für und Wider.“ Wichtig sei, sich ausreichend über die Untersuchungsmethode zu informieren und die Nutzen und Risiken für sich abzuwägen. „Ob eine Patientin eine Mammografie durchführen lässt, ist letztlich eine persönliche Entscheidung“, sagt die seit 23 Jahren praktizierende Frauenärztin. Aus ihrer Sicht aber ist und bleibt das Mammografie-Screening „zurzeit die beste Methode, um Brustkrebs frühzeitig zu erkennen“. Ob Alternativen wie die viermal so teure Magnetresonanztomografie (MRT) oder Ultraschall – beides in der Regel individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) – das Brustkrebs-Sterberisiko genauso senken, können Experten aufgrund fehlender Studien noch nicht sagen. Sie kommen daher nur ergänzend zur Mammografie infrage.