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Bundestagswahl AfD-Basis greift Parteispitze an

Turbulenzen, Runde zwei: Der AfD-Kreisverband Anhalt-Bitterfeld fordert eine Neuwahl der Kandidatenliste für die Bundestagswahl.

Von Michael Bock 26.06.2017, 14:37

Magdeburg l Drei Monate nach der ersten Aufstellung fordert der Kreisverband Anhalt-Bitterfeld den Bundesvorstand auf, spätestens bis zum 30. Juni für eine Neuwahl der Liste einzuladen. In einem am Sonnabend einstimmig gefassten Beschluss des Vorstandes heißt es, durch „schuldhafte Verzögerung“ des Landesvorstands um Parteichef André Poggenburg bestehe die Gefahr, dass die bisher gewählte Liste keinen Bestand habe und die AfD mit der Zweitstimme nicht wählbar sei. „Wir brauchen eine rechtlich unangreifbare Landesliste und dürfen Gefahren nicht ignorieren“, steht in dem Beschluss. „Wir fordern Rechtssicherheit“, sagte Kreis­chef Daniel Roi am Montag. 

Die Parteien müssen ihre Vorschläge bis zum 17. Juli bei der Landeswahlleiterin einreichen. Die Bundestagswahl ist am 24. September. Hintergrund der Forderung aus Anhalt-Bitterfeld sind mehrere Anfechtungen zur bestehenden Listenwahl, die seit elf Wochen nicht beschieden worden sind. Die Anfechtungen seien „keineswegs substanzlos“, steht in dem Beschluss. „Vor allem die mittelbare und unmittelbare Wahlbeeinflussung durch die Verwendung manipulierter, interner Chatprotokolle direkt auf den Wahlversammlungen wird dazu führen, dass die bisher gewählte Liste nicht anerkannt wird.“

Der Listenparteitag sorgt seit Monaten für heftigen Streit in der Partei. Bei dem Treffen Ende März waren parteiinterne Machtkämpfe offen ausgebrochen. Es wurden interne Chatprotokolle verbreitet, die aus Sicht des Landesvorstands beweisen, dass eine Gruppe verschwörerische Umsturzpläne verfolgt haben soll. Die Vorwürfe richten sich gegen mehrere Landtagsabgeordnete, darunter auch Daniel Roi und seine frühere Lebensgefährtin Sarah Sauermann.

Roi gilt als parteiinterner Gegenspieler von Poggenburg.  Sauermann und zwei weitere Abgeordnete haben wegen der Streitereien inzwischen die AfD-Landtagsfraktion verlassen. Zwei Direktkandidaten für die Bundestagswahl, Armin Friese und Wolfgang Rehfeld, wurden als angebliche Verschwörer bei Wiederholungswahlen ersetzt. Kay-Uwe Ziegler, der zunächst auch ausgetauscht werden sollte, kam ungeschoren davon. Er habe glaubhaft machen können, „dass er die Vorgänge innerhalb der konspirativen Chatgruppe zumindest in ihrer Art und Weise sowie verbalen Entgleisung ebenfalls ablehnt“, sagte Poggenburg.

Mit den Anfechtungen muss sich auch das Landesschiedsgericht der AfD befassen, das nach dem Rücktritt seines Vorsitzenden allerdings wochenlang handlungsunfähig war. Inzwischen ist das Gremium wieder arbeitsfähig. Vorsitzender ist derzeit Christian Hecht, der als Poggenburg-Anhänger gilt. Weiter gehören dem Gremium Cornelia Wakan und Frank-Ronald Bischoff an. Da droht der nächste Ärger. Der Kreisverband Anhalt-Bitterfeld hält die Richter für befangen. Denn: Mit Hecht und Bischoff sollen jetzt ausgerechnet zwei gewählte Listenkandidaten für die Bundestagswahl über die Anfechtungen entscheiden. Poggenburg nannte den Beschluss des Kreisverbandes eine „kleine Hetztirade“, die vor unwahren Behauptungen strotze.

Damit isoliere sich der Kreisverband innerhalb der Landes-AfD weiter. Es sei „völliger Quatsch“ zu behaupten, dass der Landesvorstand Anfechtungen schuldhaft verzögere. Zugleich griff er Daniel Roi direkt an: „Der will keine Ruhe geben“, sagte Poggenburg. „Der Burgfrieden ist aufgekündigt worden.“ Der Kreisverband um Roi hatte bei der Landtagswahl im März 2016 in seinen Wahlkreisen für die AfD Ergebnisse um die 30 Prozent eingefahren. Landesweit hatte die Partei 24,3 Prozent geholt und ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl erzielt.