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Uni Magdeburg Arbeit an der Anatomie 2.0

Informatiker und Mediziner entwickeln 3D-Anatomieatlas auf Basis realer Bilddaten.

29.10.2015, 23:01

Magdeburg (ri) l Leonardo da Vinci war einer der ersten Europäer, der es bereits im 15. Jahrhundert wagte, das Innenleben des menschlichen Körper zu erforschen. Der Renaissancekünstler hielt die Anatomie und Biomechanik naturgetreu in über 200 Zeichnungen fest. Seitdem sind über 500 Jahre vergangen und das Erlernen menschlicher Anatomie findet nicht mehr allein im Anatomieinstitut statt, sondern inzwischen spielt der Computer für die Anatomie eine wesentliche Rolle.

Informatiker und Mediziner der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg wollen nun in der Medizinerausbildung frühzeitig digitale Bilddaten integrieren: Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projektes werden sie Methoden für eine virtuelle Anatomie einschließlich 3D-Modellen entwickeln, die den Medizinstudierenden auf üblichen Computern oder digitalen Tablets zur Verfügung stehen werden. Die Grundlage für diese digitale Anatomie werden Bilddaten von Körperspendern aus der Anatomie bilden. Die Bilddaten werden künftig in hoher Auflösung mittels einer Computertomografie von den Körperspendern erfasst, die praktische Arbeit in der Anatomie kann anschließend von den Studierenden auch virtuell nachvollzogen werden.

Die virtuelle Präparation des Körpers soll dem Lernen am Körperspender möglichst nahe kommen: durch das nacheinander erfolgende Entfernen der Haut und das Freilegen von Strukturen wie Muskeln und inneren Organen wird am Computer realistisch die praktische Arbeit in der Anatomie simuliert. „Im Ergebnis unserer Arbeit wird auf der Basis unzähliger realer Bilddaten eine einzigartige Datensammlung entstehen, die über Magdeburg hinaus genutzt werden könnte“, so der am Projekt beteiligte Informatiker und Computervisualist Prof. Bernhard Preim vom Institut für Simulation und Grafik der Fakultät für Informatik der Universität Magdeburg.

Allerdings erfordere die Entwicklung der virtuellen Modelle eine ziemlich aufwändige Vorarbeit, so Prof. Hermann-Josef Rothkötter, Dekan der Medizinischen Fakultät und Direktor des Instituts für Anatomie der Universität Magdeburg. „Vor der Bildverarbeitung muss klar abgegrenzt werden, wo sich Muskeln, Gelenkbänder, Arterien, Venen und Nerven und viele andere Strukturen befinden. Die praktische Daten- bzw. Bildanalyse soll künftig Teil der studentischen Lehre werden.“ Dahinter stecke der Gedanke und die Vermutung, so der Universitätsprofessor, dass eine intensive Beschäftigung mit den Bilddaten mit einem erheblichen Lerneffekt verbunden sein müsste, der das Verständnis der Anatomie verbessert.

Die Vorteile lägen klar auf der Hand, so der Computervisualist Prof. Preim: „Durch die zusätzliche dreidimensionale Darstellung werden räumliche Aspekte umfassender vermittelt und erhöhen so das Verständnis der Zusammenhänge.“ Weiterhin sollen interessante Strukturen mit einem Beschreibungstext versehen werden, und eine Suchfunktion ermöglicht das Nachschlagen von Informationen. Für einen besseren Lerneffekt sollen Testfragen mit unmittelbarem Feedback in das Programm einbaut werden. „Vor allem aber ermöglicht das Programm, die Herstellung der anatomischen Präparate beliebig oft virtuell zu simulieren“, ergänzt Prof. Rothkötter. „Während das Körperpräparat nur eine begrenzte Zeit lang genutzt werden kann, stehen die virtuellen Modelle prinzipiell immer zur Verfügung.“

Bis 2018 soll das Konzept in Magdeburg entwickelt und erprobt werden. Geleitet wird das Projekt von der Firma Dornheim Medical Images. Das Unternehmen ist eine Ausgründung aus der Magdeburger Universität und ist bereits für Visualisierungen im Bereich des Mittel- und Innenohres im Felsenbein des Menschen mit dem Hugo-Junckers-Preis ausgezeichnet worden. Verläuft alles nach Plan, könnte die virtuelle Anatomie im Oktober 2019 Teil der studentischen Lehre sein und den Medizin-Erstsemestern in Magdeburg zur Verfügung stehen.

Mehr Infos unter www.vismd.de/VirtualAnatomy