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Entlassung im Zusammenhang mit Kritik an nicht notwendigen Operationen Chefarzt klagt gegen Leitung der Altmark-Klinik

Von Thomas Pusch 24.11.2012, 02:13

Das Arbeitsgericht Stendal befasste sich seit gestern mit der Kündigung von Chefarzt Dr. Bernd Falkenberg durch das Gardelegener Altmark-Klinikum. Dabei ging es auch darum, wer im Wirbelsäulen-Zentrum des Krankenhauses tatsächlich das Sagen hatte.

Stendal l Muss das Altmark-Klinikum Falkenberg weiter beschäftigen, weil die inzwischen fünf ausgesprochenen Kündigungen nicht rechtens sind? Um diese Frage ging es eigentlich bei der gestrigen mündlichen Verhandlung, doch der Skandal um das Wirbelsäulen-Zentrum und die angeblich unnötigen Operationen (Volksstimme berichtete) überlagerte das Verfahren am Stendaler Arbeitsgericht.

"Gewinnsucht war der Beweggrund der Klinik-Leitung"

Rechtsanwalt Uwe Bitter

Im August war Falkenberg gekündigt worden. Laut Geschäftsführer des Altmark-Klinikums Gardelegen, Matthias Hahn, erfolgte der Schritt wegen der Nebentätigkeit Falkenbergs für einen Hersteller von Diätprodukten. Falkenbergs Anwalt Uwe Bitter erklärte hingegen, diese Tätigkeit sei genehmigt und sinkender Umsatz der wahre Grund der Kündigung gewesen.

Anfang dieses Monats war bekannt geworden, dass es eine Liste mit 60 Patienten gibt, die im Wirbelsäulen-Zentrum der Klinik unnötig oder mit nachfolgenden Komplikationen operiert worden waren. Ende September hatte Falkenberg gemeinsam mit fünf Oberärzten in einem Brief an den Aufsichtsrat auf die Missstände aufmerksam gemacht, was Klinikchef Hahn als "Rachefeldzug eines entlassenen Chefarztes" wertete.

Hahn musste indessen einräumen, dass 42,7 Prozent der fraglichen Operationen radiologisch nicht indiziert waren. Falkenberg als Chefarzt der gesamten Chirurgie hätte auf diese Probleme reagieren müssen, so Hahn. "Das konnte er gar nicht", erklärte Bitter. In einer Dienstanweisung (liegt der Volksstimme vor) war festgeschrieben worden, dass Dr. Michail T. die Behandlungsrichtlinien im Wirbelsäulen-Zentrum bestimmt. Als dessen Leiter sei er auch gegenüber dem Personal des Altmark-Klinikums weisungsberechtigt. "Die operativen Maßnahmen ... werden von Dr. T. bestimmt", heißt es darin weiter, und: "Wer dieser Dienstanweisung zuwiderhandelt, verstößt gegen das Dienstrecht und den Arbeitsvertrag".

Die sechs Ärzte haben inzwischen in einem weiteren Schreiben ihren Vorwurf vom September, dass im Wirbelsäulen-Zentrum nicht notwendige Operationen durchgeführt wurden, bekräftigt. Dies hatte Konsequenzen für Falkenberg, dem eine weitere fristlose Kündigung ausgesprochen wurde, und für einen Oberarzt, der eine Abmahnung erhielt. "Auch in den anderen Fällen wird es Konsequenzen geben, wir führen aber erst Gespräche", kündigte Hahn an.

Für Anwalt Bitter stellt sich die Sache ganz klar dar. "Gewinnsucht war der Beweggrund der Klinik-Leitung", sagte er. Mit Wirbelsäulenoperationen sei sehr viel Geld zu verdienen. Mehr als in der Allgemeinchirurgie.

Das Arbeitsgerichtsverfahren wird am 6. Februar fortgesetzt.