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Coronavirus Abstrichzentrum soll Betrieb aufnehmen

Seit Mittwochabend gehört die Kleinstadt Jessen deutschlandweit zu den Hotspots des neuartigen Coronavirus.

27.03.2020, 06:25

Jessen (dpa) l Mit einem neuen Abstrichzentrum will der Landkreis Wittenberg sich einen Überblick über das Ausmaß des Corona-Ausbruchs in der Kleinstadt Jessen verschaffen. Das Zentrum solle in einer Mehrzweckhalle im abgeriegelten Bereich der Stadt im Laufe des Freitags den Betrieb aufnehmen, sagte Landkreis-Sprecher Ronald Gauert der Deutschen Presse-Agentur. Der Landkreis betreibt bereits in der Kreisstadt Wittenberg ein solches Testzentrum.

Gauert warnte davor, auf eigene Faust ins neue Zentrum zu kommen. Trotz der angespannten Lage könnten nicht alle 8000 von der Quarantäne betroffenen Einwohner getestet werden. Zumal die Tests ohnehin nur eine Momentaufnahme seien. "Ich kann mich heute testen lassen und ein negatives Ergebnis bekommen und mich morgen trotzdem anstecken", sagte Gauert. Hauptziel der strikten Maßnahmen sei es, die sozialen Kontakte der Jessener möglichst zu minimieren, das gelte auch für das Testzentrum.

Wer sich testen lassen möchte, solle zunächst mit dem Hausarzt oder dem Fachdienst Gesundheit des Landkreises sprechen. Die Ärzte und Experten würden dann entscheiden, ob ein hinreichender Verdacht auf eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus vorliegt oder nicht. Weitere Informationen zum Anmeldeverfahren werde der Landkreis im Laufe des Tages auf seiner Website veröffentlichen.

Am Donnerstag waren zwei der 44 Ortsteile von Jessen unter Quarantäne gestellt worden, in denen allerdings mehr als die Hälfte der gut 14.000 Bewohner der Stadt zu Hause sind. Ab 7.00 Uhr riegelten Feuerwehr und Polizei die acht Zugangsstraßen in die Ortsteile Jessen und Schweinitz ab, nur heimkehrende Anwohner und Arbeiter mit Sondergenehmigung dürfen die Sperren passieren. Es sind die ersten beiden Ortschaften in Sachsen-Anhalt, die wegen der Pandemie komplett abgeriegelt wurden. Auch im bundesweiten Vergleich sind die Maßnahmen drastisch: Nicht einmal im nordrhein-westfälischen Heinsberg, in dem es zahlreiche Corona-Fälle gegeben hatte, hatten die Behörden derart strikt durchgegriffen.

Am Mittwoch war zunächst bekannt geworden, dass elf Bewohner und fünf Pfleger eines Seniorenheims an Covid-19 erkrankt sind. Ein Bewohner, der am Montag aus einem anderen Grund in ein Krankenhaus aufgenommen worden war, war routinemäßig auf das Virus getestet worden. Als der Test positiv verlief, wurden sämtliche Kontaktpersonen ermittelt und getestet. Erste Erkenntnisse legte nahe, dass der Erreger Sars-CoV-2 von einem Reiserückkehrer aus Österreich nach Jessen eingeschleppt wurde. Die Mehrzahl der bisher bestätigten Fälle in Sachsen-Anhalt lässt sich auf Reisen in die Alpenrepublik zurückverfolgen.

Am Donnerstag traf die Allgemeinverfügung des Landrats zur Quarantäne viele Jessener noch unvorbereitet. Zwar hätte die große Mehrzahl der Jessener sich an die neuen Vorschriften gehalten. Gerade die zunächst in der Verfügung ausformulierten Ausnahmen hätten bei einigen einen "hohen Interpretationsbedarf" ausgelöst, sagte Gauert. "Da hält sich dann jeder für unverzichtbar". Der Krisenstab des Landkreises schärfte die Regelungen am Donnerstagnachmittag dann nochmal nach, inzwischen sind elf Unternehmen und weitere Branchen aufgelistet, die einen Notfallbetrieb aufrecht erhalten dürfen.

Weitere Abriegelungen in Sachsen-Anhalt waren laut Gesundheitsministerium am Donnerstag nicht absehbar. Die Magdeburger Regierung hatte den Landkreis am Mittwoch mit einer Extra-Fuhre Schutzkleidung unterstützt und dem Landkreis drei Experten vom Robert-Koch-Institut in Berlin vermittelt. Die Epidemiologen unterstützen das Gesundheitsamt dabei, die Infektionsketten nachzuvollziehen und eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern.