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DDR Ein bisschen Afrika in Staßfurt

Der Freundschaftsvertrag zwischen der DDR und Mosambik von vor 40 Jahren verlieh der Kreisstadt Staßfurt eine internationale Note.

Von Steffen Honig 22.02.2019, 00:01

Staßfurt l Für 117,3 Millionen DDR-Mark wurde bis 1982 ein Neubau mit Schule und Internat hingestellt, in den 900 mosambikische Kinder einzogen. Die Schul- und Berufsausbildung, die sie im damaligen Bezirk Magdeburg erhielten, sollte sie zu Fachleuten für gemeinsame Wirtschaftsprojekte der DDR und Mosambiks machen. Diese Projekte zerplatzten schon vor der Wende wie Seifenblasen.

Die Mädchen und Jungen aus Mosambik bekamen bald Gesellschaft – von Altersgefährten aus Namibia. In der früheren Kolonie Deutsch-Südwestafrika tobte der Befreiungskampf der Swapo von der Herrschaft Südafrikas. Die DDR unterstützte die sozialistisch ausgerichtete Befrei­ungsbewegung nach Kräften. Von 1979 bis 1988 wurden 430 namibische Kinder in der DDR aufgenommen.

Hier waren sie sicher vor dem Krieg und konnten im Sinne des Sozialismus beeinflusst werden. Weil die Kapazitäten anderswo erschöpft waren, wurden die älteren Klassen ab 1985 in die „Schule der Freundschaft“ in Staßfurt einquartiert und unterrichtet. Auch in Löderburg erhielten einige namibische Kinder ihre schulische Ausbildung.

Die Mädchen und Jungen wuchsen in Staßfurt zwar gut betreut vom deutschen Personal, aber in einer fremden Kultur Tausende Kilometer weit weg von Familie und Heimat auf. Daran hatten die jungen Mosambiker und Namibier schwer zu schlucken.

Ebenso wie am Rassismus, mit dem sie außerhalb des Schulumfeldes mitunter konfrontiert wurden. Der schrecklichste Fall spielte sich an der Staßfurter Bodebrücke ab. Jugendliche warfen einen schwarzen Jungen in den Fluss. Er schlug auf einen Stein auf und starb. Schockierend für die Afrikaner, gedeckelt von den DDR-Behörden. Es blieb ein Einzelfall.

Die meisten ehemaligen Schüler verbinden mit der Staßfurter Freundschaftsschule eine glückliche Zeit – das dokumentieren später viele Aussagen. Sie erlebten eine weitgehend sorgenfreie Zeit im Gegensatz zum Leben in Afrika, das sie später wieder einholen sollte.

Seine Erfahrungen bei der Rückkehr in der afrikanischen Heimat 1988 beschreibt der Mosambikaner Clemente Sergio Taero Jahre als äußerst bitter. Trotz seines guten Zeugnisses fand er keine Arbeit. Man habe sie stattdessen in die Armee gesteckt: „Manche wurden dort geschlagen und misshandelt. Nur weil sie in Staßfurt waren. Taero erlernte schließlich den Beruf des Elektrikers – und kehrte nach Deutschland zurück.