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DDR-Fahrzeuge Ost-Auto geplant, aber nie gebaut

Rund um die Ost-Autos gibt es viele Geschichten. Weniger bekannt ist die Sache mit dem „RGW-Auto“.

Von Bernd Kaufholz 08.05.2018, 01:01

Magdeburg l Das "RGW-Auto" war ein nie realisierter Pkw der unteren Mittelklasse, der als Gemeinschaftsprojekt der RGW-Staaten unter Federführung der DDR und der ČSSR geplant war.

Der als P 760 (auch als 610 M) bezeichnete Wagen sollte den Trabant 601, den Wartburg 353 und den Škoda 100 ablösen. Die im Januar 1970 begonnenen Planungen für den P 760 waren ein wesentlicher Grund für den Abbruch der Arbeiten am Trabant-Modell P 603, das als Nachfolger für den P 601 geplant war.

Nach dem Scheitern des RGW-Autos P 760 im April 1973 und dem ebenfalls abgebrochenen Nachfolgeprojekt P 1100/1300 1979 kam in der DDR die Entwicklung neuer Personenwagen zum Erliegen.

Auch die Umbenennung einer südrussischen Stadt hat Bezug zum Auto. Die sowjetische Regierung beschloss 1966 den Bau eines staatlichen Automobilwerks. Für das technische Wissen wurde ein Vertrag mit Fiat abgeschlossen und 1967 mit den Bauarbeiten in Stawropol-Wolschskij begonnen. Zugleich wurde die Stadt nach dem verstorbenen Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Italiens, Palmiro Togliatti, in Toljatti umbenannt. Die KP Italiens hatte damals eine starke Position bei Fiat inne, weswegen auch die Wahl des Kooperationspartners auf Fiat fiel.

Die Ironie der Geschichte: Togliatti war in den 1920er Jahren an Streiks beteiligt, die denselben Fiat-Konzern fast in den Ruin getrieben hatten, der nun für die Stadt und den größten Autohersteller der UdSSR, AwtoWAS (zuerst „Wolga-Automobilwerk“), derart wichtig wurde. Im Rahmen des Vertrages erhielt die gegründete Fabrik AwtoWAS die Lizenz, den 1966 zum Auto des Jahres gewählten Fiat 124 zu produzieren. Die vom Fiat 124 abgeleiteten Typen wurden zunächst als Schiguli, später Lada bekannt.

Keinen großen Freundeskreis hatte hingegen der Saporoshez, obwohl ihn DDR-Bürger im Gegensatz zum Trabant sofort kaufen konnten.

Der Export in die DDR begann 1967. Geliefert wurden vier Modelle. Ihr Preis lag zwischen 7530 und 11.950 Mark. Der Saporoshez war dem Trabant in mancher Hinsicht überlegen: Seine 40 PS ermöglichten auch an starken Steigungen zügiges Fahren. Vorne gab es viel Beinfreiheit aufgrund des Heckmotors und die Sitze waren gut gefedert.

Der kleine Bug-Kofferraum schreckte jedoch ab. Die Verarbeitungsqualität entsprach damaligem sowjetischem Standard und ließ weiter nach. Daher wurde 1979 der Import in die DDR eingestellt. Der luftgekühlte Heckmotor neigte zum Überhitzen bei Geschwindigkeiten über 90 km/h. Die benzinbetriebene Heizung konnte zum Fahrzeugbrand führen.