Wetterlage wie bei Jahrhundertflut 2002 bringt noch mehr Schnee und Frost / Tödlicher Unfall bei Bismark Der Frühling beginnt, der Winter bleibt
Dauerschneefall heute, Nachtfröste morgen. Am Mittwoch um 12.02 Uhr ist Frühlingsbeginn, doch der Winter bleibt. Mildes Wetter ist selbst bis Ostern nicht in Sicht. Schnee und Glätte haben auch am Dienstag den Verkehr auf den Straßen in Sachsen-Anhalt behindert. Wie die Polizei mitteilte, kam es zu mehreren Unfällen. Es blieb aber überwiegend bei Blechschäden.
Magdeburg l Das Tief "Birk" hat den Osten Deutschlands fest im Griff. Die Wetterfront hat es in sich: Mit "Birk" hat sich eine Lage eingestellt wie im August 2002, als ein ähnliches Tief die verheerende Elbe-Flut ausgelöst hatte. Statt Dauerregen fallen dieses Mal Schneemassen vom Himmel. "Es wird auch heute den ganzen Tag durchschneien", sagt Anja Juckeland vom Deutschen Wetterdienst in Leipzig. Fürs Erzgebirge und den Harz rechnen Wetterkundler mit gut 20 Zentimeter Neuschnee, selbst im Flachland kommen gut zehn Zentimeter zusammen. "Wir haben wieder wie 2002 eine sogenannte V-b-Wetterlage", sagt Juckeland. Dabei saugt sich ein Tief in Südeuropa mit Feuchtigkeit voll und wandert über Tschechien nach Deutschland. Die Wetterlage ist selten und bringt enorme Niederschlagsmengen mit sich.
Bauern können nicht säen, Gärtner bleiben auf ihren Blumen sitzen
Ein März-Winter aber ist nicht so außergewöhnlich wie es scheint. 1979, 1987, 2006 und 2010 schneite es im Frühlingsmonat sogar im Flachland. Den extremsten Spätwintereinbruch erlebten die Magdeburger 1986: Damals lagen am 11. April 11 Zentimeter Schnee.
Am Donnerstag soll es zwar aufklaren, dann fallen aber die Temperaturen wieder. Nachts auf minus fünf bis minus sieben Grad. Im Harz wird es noch kälter. Straßen können vor allem morgens glatt sein.
Auf der A9 bei Dessau-Roßlau wurde der Berufsverkehr gestern nach fünf Karambolagen behindert. "Zum Glück gab es keine schwerwiegenden Unfälle", sagte eine Polizeisprecherin. Glück hatte eine 22 Jahre alte Autofahrerin auf der A9, deren Auto ins Schleudern geriet und sich überschlug. Die Frau blieb unverletzt. Auf der Bundesstraße 189 staute sich der Verkehr zwischen Lüderitz und Dolle, weil Lastwagen am Berg nicht weiterkamen. Eine 66-jährige Autofahrerin starb bei einem Unfall bei Bismark (Landkreis Stendal). Auf winterglatter Fahrbahn kam ihr Pkw von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum. Auf der A 14 krachte es bei Calbe (Salzlandkreis).
Erst ab 26. März sollen die Temperaturen endlich aus dem Frostkeller steigen. "Aber Frühlingswetter ist nicht in Sicht", prophezeit Juckeland. Angesichts der Schneemengen ist es allerdings auch gut so, dass der Winter sich nur zaghaft zurückzieht. Andernfalls drohte Hochwasser. "Der Boden ist gesättigt und kann nichts mehr aufnehmen", sagt Juckeland. Eine plötzliche Schmelze wäre problematisch.
Der anhaltende Frost macht den Bauern zu schaffen. Erbsen und Frühkartoffeln zum Beispiel müssten eigentlich bis zum 20. März im Boden sein. Bei den derzeitigen Temperaturen ist das aber nicht möglich. "Bestimmten Kulturen fehlt dann die Zeit für das Wachstum der Pflanzen", sagt Fritz Schumann, Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbands in Sachsen-Anhalt.
Auch Gärtnereien leiden unter dem März-Winter, weil sie Blumen zum Auspflanzen wie Stiefmütterchen und Primeln nicht loswerden. Rita Ertel von der Magdeburger Zierpflanzen und Gartenbau GmbH befürchtet, dass die Primeln innerhalb der nächsten zwei Wochen verblühen. Neben dem finanziellen Ausfall sieht ihr Chef Manfred Schneider noch ein weiteres Problem: "Wir haben zu wenig Platz für die Geranien, die schon eingetroffen sind."
Bauunternehmer warten auf besseres Wetter
Betroffen ist auch die Bauwirtschaft. "Die Baustoffe binden nicht richtig, wenn es dauerhaft unter fünf Grad kalt ist", sagt Giso Töpfer, Hauptgeschäftsführer des Baugewerbe-Verbands Sachsen-Anhalt. Tiefbauarbeiten seien ebenfalls unmöglich, solange der Boden aufgeweicht ist. Die Aufträge gehen nicht voran, Bauunternehmer warten ungeduldig auf steigende Temperaturen.
In Sachsen-Anhalts Fußball-Verbandsliga, in den Landesligen und Landesklassen der Männer musste bereits die Hälfte der 340 Rückrundenspiele wegen des Wetters abgesagt werden. Volkmar Laube, Sprecher des Landesfußballverbandes, gibt sich dennoch optimistisch: "Vielerorts wird Ostersonnabend und -montag gespielt." Hoffentlich behält er Recht.