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Deutsche Bahn Sachsen-Anhalt will 235 Millionen Euro zurück

Langsame Züge, aber hohe Gebühren: Die Deutsche Bahn soll Sachsen-Anhalt 235 Millionen Euro zurückzahlen.

02.07.2017, 08:48

Magdeburg (dpa) l Besonders langsam vorwärts kommen – besonders hohe Gebühren bezahlen: So funktionierte aus Sicht Sachsen-Anhalts jahrelang das Preissystem der Bahn für das Schienennetz. Jetzt will das Land Millionensummen zurück haben. Konkret geht es um 235 Millionen Euro, wie der Geschäftsführer der Nahverkehrsgesellschaft Sachsen-Anhalt (Nasa), Klaus Rüdiger Malter, sagte. Hinter der Summe verbirgt sich ein "Regionalfaktor" genannter Aufschlag, den die Bahn als Netzbetreiber zwischen 2003 und 2011 für zahlreiche Strecken erhob. Vor allem auf maroden und stark sanierungsbedürftigen Strecken, so der Vorwurf.

Das Land reichte Klage gegen den Konzern am Landgericht Frankfurt/Main ein. An diesem Donnerstag wird eine Entscheidung erwartet. Die Deutsche Bahn wollte sich zu dem laufenden Rechtsstreit zunächst nicht äußern, wie ein Bahnsprecher in Berlin sagte.

Worum geht es konkret? Der Nahverkehr auf der Schiene wird in Deutschland vom Staat bestellt – und kräftig bezuschusst. Für jeden bestellten Zug verlangt die Bahn als Netzbetreiber ein Trassenentgelt, um die Instandhaltung der Schienenstrecken zu sichern.

"Bei neuen Strecken und starker Nachfrage ist die Refinanzierung von Bauarbeiten für sie kein Problem", sagte Malter. Anders sehe das bei weniger genutzten Strecken im ländlichen Raum aus. "Sachsen-Anhalt ist vom Regionalfaktor in besonderem Maße betroffen, viele Nebenstrecken waren mit massiven Sondergebühren belegt." Hinzu komme, dass gerade die noch nicht modernisierte Technik an den maroden Strecken personalintensiv sei und daher besonders hohe Kosten verursachte.

Die Bahn überlegte sich ein Preissystem, in dem sie gerade für diese Strecken deutliche Aufschläge verlangte. Bis zu 40 Prozent des regulären Trassenentgelts packte der Konzern nach Berechnungen der Nasa oben drauf. "Das aufgeschlagene Geld ist aber nie bei den Strecken angekommen", so Malter. Ein Beispiel sei die inzwischen stillgelegte Strecke zwischen Magdeburg und Loburg.

Eigentlich sollten Züge auf dieser Trasse immerhin bis zu 50 Stundenkilometer schnell fahren können. Tatsächlich habe es nicht einmal durchgängig für Tempo 30 gereicht. "Die Strecke wurde so runtergehungert, dass die Fahrten in keinen Fahrplan mehr zu integrieren waren." In der Debatte um eine Verbesserung der Situation habe die Bahn das Land aufgefordert, Millionensummen in eine Modernisierung zu investieren. Das Land winkte ab und lässt seit einigen Jahren Busse zwischen den Orten verkehren.

Warum klagt Sachsen-Anhalt erst jetzt, Jahre später? "Wir haben immer gegen den Regionalfaktor opponiert, aber nie geklagt", räumte Malter ein. "Irgendwann ist uns der Kragen geplatzt. Den Impuls gab die Bundesnetzagentur mit ihrer Entscheidung, dass die Entgelte rechtswidrig sind." 2010 kippte die Behörde die Aufschläge, ein Jahr später liefen sie aus. Die Nahverkehrsgesellschaft Sachsen-Anhalt stelle sich auf mehrjährige Gerichtsverfahren ein, sagte Malter.

Nicht nur Sachsen-Anhalt forderte Geld zurück. Andere Auftraggeber hätten ebenfalls geklagt, doch rechtskräftig sei bisher noch keine Entscheidung, sagte Malter. Insgesamt gehe es um Rückforderungen in Höhe von 700 Millionen Euro. Einige Kläger bekamen laut Malter in erster Instanz Recht. Brandenburg hingegen hatte Anfang 2015 am Landgericht Frankfurt seinen Prozess verloren. Die Ansprüche seien verjährt, entschieden die Richter damals. Brandenburg hatte die Aufschläge aus den Jahren 2004 bis 2006 zurückverlangt.